DIW-Chef: Deutschland auf Zuwanderung angewiesen

Berlin · Deutschland braucht aus Sicht des Wirtschaftsinstituts DIW ein Einwanderungsgesetz.

 Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Foto: Christoph Schmidt/Archiv

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Foto: Christoph Schmidt/Archiv

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"Zur Sicherung des Wohlstands ist Deutschland immer stärker auf Zuwanderung angewiesen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Als Grund nannte er den zunehmenden Mangel an Fachkräften und die demographische Entwicklung. "Wir benötigen ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung lenkt und auch die Interessen der deutschen Wirtschaft berücksichtigt."

Die Bundesregierung dürfe nicht länger die Augen vor der Realität verschließen, kritisierte Fratzscher. CDU und CSU lehnen bislang ein Einwanderungsgesetz mehrheitlich ab, allerdings deutete sich zuletzt Bewegung in der Frage an.

Die deutsche Wirtschaft benötige von der deutschen Asyl- und Zuwanderungspolitik mehr Planungssicherheit. Fratzscher: "Niemandem ist geholfen, wenn Asylbewerber nach einer erfolgreichen Integration doch ausgewiesen werden." Alle Zuwanderer, gleich ob aus der EU oder von außerhalb, bedeuteten "prinzipiell eine große Chance" für Deutschland. Auch Asylsuchende könnten einen wertvollen Beitrag für die deutsche Wirtschaft leisten.

Allerdings ist es für Asylbewerber generell schwierig, in Deutschland einen Job zu ergattern. In den ersten drei Monaten gilt ein Arbeitsverbot.

Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint E. Gropp, sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", Deutschland müsse sich stärker für junge, gut ausgebildete Einwanderer öffnen. Nur eine aktive, kontrollierte Immigrationspolitik könne das Problem Deutschlands abschwächen, dass die Gesellschaft schrumpft und einer Überalterung entgegentreibt.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte am Donnerstag erneut einen besseren Zugang für ausländische Fachkräfte zum deutschen Arbeitsmarkt gefordert. "Der Bedarf der Unternehmen an qualifizierten Fachkräften bleibt hoch", hatte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer erklärt. Auch unter den Asylbewerbern seien viele, die kaum Chancen auf Asyl hätten, aber am Arbeitsmarkt gebraucht würden.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hatte am Donnerstag gesagt, die Behörde rechne mit 100 000 arbeitssuchenden Asylbewerbern in diesem Jahr. Wegen des demografischen Wandels werde die Zahl der Erwerbspersonen bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um acht Millionen zurückgehen, hatte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker gesagt.

Um diese Lücke zu schließen, sei Zuwanderung von Arbeitskräften aus Europa und aus Drittstaaten wichtig, ebenso wie die Flüchtlinge. Becker forderte daher die Möglichkeit zum "Spurwechsel" für hoch qualifizierte Asylbewerber: Sie sollten mit ihren Familien aus dem Asylverfahren herausgehen können und über die sogenannte Blue Card den Status der zugewanderten Fachkraft erlangen.

Bislang ist das Asylsystem strikt von anderen Zuwanderungsoptionen getrennt. Flüchtlinge können aus einem laufenden Asylverfahren heraus kein Arbeitsvisum beantragen.

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