BGH: Etappensieg für Aktionär bei Postbank-Übernahme

Karlsruhe · Die Deutsche Bank könnte bei der Übernahme der Postbank gemogelt haben. Das sagt zumindest der BGH. Ein Etappensieg für Kleinaktionäre zwar - aber die endgültige Klärung wird wohl noch dauern.

Die Deutsche Bank hat Minderheitsaktionären bei der Übernahme der Postbank möglicherweise zu wenig für ihre Aktien bezahlt. Das ergibt sich aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Dienstag. Doch ob es bei der Übernahme mit rechten Dingen zugegangen ist, muss nun erst einmal das Oberlandesgericht (OLG) Köln entscheiden. An dieses hatte der BGH den Fall zur erneuten Verhandlung zurück verwiesen. Eine endgültige juristische Klärung der Vorgänge kann daher noch einige Zeit auf sich warten lassen.

Konkret betrifft der Fall die Düsseldorfer Verlagsgesellschaft Effecten Spiegel. Die Gesellschaft hatte 2010 als Postbank-Minderheitsaktionärin im Zuge der Übernahme 25 Euro pro Aktie bekommen. Sie wirft der Deutschen Bank vor, bei der Übernahme gemogelt und den Preis gedrückt zu haben. Effecten Spiegel fordert 4,8 Millionen Euro, die ihr ihrer Ansicht nach durch einen Deal zwischen Deutscher Bank und Deutscher Post 2009 entgangen sind.

Die Gesellschaft bekam nun vor dem BGH recht. "Das Urteil ist nicht nur für uns ein großer Erfolg, sondern auch für die Kleinaktionäre", sagte Marlis Weidtmann von Effecten Spiegel zu dem Richterspruch.

Sollte das Unternehmen letztendlich recht bekommen, könnten auf die Deutsche Bank hohe Forderungen von Kleinaktionären zukommen. Die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) schätzt das Gesamtvolumen auf 1,6 Milliarden Euro.

"Für die Aktionäre, die bisher nicht geklagt haben, wird der Weg jedoch steinig", warnte Marc Tüngler von der DSW. Denn ihre Ansprüche seien eigentlich verjährt. Der Experte rechnet damit, dass bis zu einer endgültigen Entscheidung noch einige Zeit vergehen dürfte. Der BGH müsse vermutlich auch eine neue Entscheidung des OLG Köln prüfen.

Laut Wertpapier-Übernahmegesetz muss allen Aktionären ein Pflichtangebot unterbreitet werden, sobald der neue Eigentümer mindestens 30 Prozent der Stimmrechte erworben hat. Dann wird davon ausgegangen, dass sie die Kontrolle über die Gesellschaft haben.

Dies versuchte die Deutsche Bank nach Ansicht von Effecten Spiegel aber mit einem komplizierten Kaufkonstrukt zu verschleiern: Sie habe das gesamte Aktienpaket zwar schon 2009 komplett bezahlt, einen Teil der Anteile aber formal bei der Deutschen Post belassen, um unter der 30-Prozent-Marke zu bleiben.

Damit habe sie einen niedrigen Aktienkurs abwarten und den Kleinaktionären schließlich nur das gesetzlich vorgeschriebene Minimum von 25 Euro anbieten können, argumentiert die Klägerin. Die Deutsche Bank bestreitet, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. Sie will sich vor einer gründlichen Analyse des BGH-Urteils zu dessen Auswirkungen und Bedeutung nicht äußern.

Diese Vertragskonstruktion müsse das OLG genau überprüfen, urteilte der BGH nun. Das habe das Gericht bisher nicht getan. Sollte der Vorwurf tatsächlich stimmen, könnten Kleinaktionäre den Differenzbetrag verlangen - sofern ihre Ansprüche nicht verjährt sind. Die Klärung dieser Frage zieht wahrscheinlich weitere Gerichtsverfahren nach sich. Das OLG hatte die Klage der Verlagsgesellschaft abgewiesen.

Kapitalmarkrechtsexperte Stephan Ulrich hofft indes auf juristische Klarheit. Denn die Frage, durch welche Verhaltensweisen sich Konzerne oder Investoren bereits vor einer Übernahme derart abstimmen, dass sie - unabhängig von der Größe ihrer Anteile - tatsächlich die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen, sei bisher eine Grauzone, sagte der Anwalt von der Kanzlei Simmons & Simmons.

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