Wundertüte im Abo - Das Geschäft mit Überraschungsboxen

Stuttgart/Hamburg · Die einen verschicken Knabberzeug, die anderen Wimperntusche oder Unterhosen: Anbieter von Abo-Boxen wie Glossybox oder brandnooz bieten Überraschungsprodukte zu Billigpreisen. Das klingt für manch einen Kunden verlockend.

 Marcel Endres (l-r), Sarah Haide und Clemens Walter im Couchbox-Büro in Stuttgart: Jeden Monat kommt ein Päckchen mit allerlei Überraschungen nach Hause. Foto: Sebastian Kahnert

Marcel Endres (l-r), Sarah Haide und Clemens Walter im Couchbox-Büro in Stuttgart: Jeden Monat kommt ein Päckchen mit allerlei Überraschungen nach Hause. Foto: Sebastian Kahnert

Foto: DPA

Für Menschen mit wenig Zeit und viel Experimentierfreude könnte es durchaus reizvoll sein: Jeden Monat kommt ein Päckchen nach Hause, darin allerlei Überraschungen - je nach Vorliebe Knabberzeug, Kosmetik oder sogar neue Socken. Dahinter verbirgt sich ein Geschäftsmodell, auf das derzeit mehrere Anbieter aufspringen: der Versand von Abo-Boxen aus dem Internet.

"Es ist ein bisschen wie eine virtuelle Wundertüte", erklärt Clemens Walter, der hinter dem Stuttgarter Anbieter MyCouchbox steht. Jeden Monat schicken er und sein Team Päckchen mit allem, was für einen Abend vor dem Fernseher nötig ist, durch das Land. Das Abo kostet 9,99 Euro - inklusive Versand. Der Wert der Produkte sei aber deutlich höher, beteuert Walter. Lässt sich so Geld verdienen?

Ganz einfach: Viele Box-Anbieter bekommen den Inhalt entweder kostenlos oder zumindest sehr günstig. "Das Modell der Box ist, dass die Hersteller ihre Produkte frei zur Verfügung stellen, um Aufmerksamkeit und Probierkontakte für ihre neuen Markenprodukte zu generieren", erklärt Danielle Fontaniello von der Abo-Box brandnooz.

Seit zwei Jahren verschicken die Hamburger monatlich Päckchen mit Produktneuheiten an Abonnenten. Mittlerweile bekommen demnach 13 000 Menschen die Box, 150 Hersteller haben schon etwas zum Inhalt beigesteuert. Zum Gewinn lässt sich brandnooz nichts entlocken. Nur so viel: 2013 lag der Umsatz bei rund zwei Millionen Euro.

"Die bisherigen Zahlen deuten zumindest an, dass man damit tatsächlich Geld verdienen kann", sagt Konsumpsychologe Fabian Christandl von der Hochschule Fresenius in Köln. "Das kann ein sehr erfolgversprechendes Modell sein."

Fraglich sei aber, wer sich bei der zunehmenden Flut der Anbieter letztlich am Markt durchsetze. Schon jetzt gibt es verschiedenste Boxen, deren Geschäftsmodelle sich ebenfalls unterscheiden - von der Mamibox für werdende Mütter bis hin zu Dailybread, die Männern Socken, Unterhosen und T-Shirts schickt.

Das sechsköpfige Team von MyCouchbox will sich Ende des Jahres erstmals selbst Gehalt auszahlen. Der junge Anbieter hat gerade die dritte Box an Kunden verschickt und mittlerweile rund 220 Abonnenten.

"Das Modell erfordert vor allem, dass die Box als Marketingplattform für die Industrie überzeugt", erklärt Charles von Abercron. Er steht hinter der Glossybox, die Kunden ab 9,95 Euro regelmäßig Kosmetikprodukte schickt. Den vergleichsweise niedrigen Preis erklärt das Berliner Unternehmen durch geschicktes "Einsammeln der Produkte".

Für die Hersteller sei es eine weitere Möglichkeit, Kunden zu gewinnen, sagt Experte Christandl. "Man kann damit auch Zielgruppen ansprechen, die vielleicht nicht in die Geschäfte kommen." Da Nutzer die Inhalte der Boxen auch im Netz bewerten, bekommen Hersteller zudem Einblicke in die Vorlieben der Konsumenten.

Das bestätigt auch das Ulmer Unternehmen Seeberger, das unter anderem Trockenfrüchte und Nüsse anbietet - und jüngst in der Couchbox zu finden war. "Um die Bekanntheit vor allem neuer Produkte zu steigern und neue Käufer für ein konkretes Produkt zu erreichen, eignen sich Abo-Boxen gut." Anders als bei Proben, die in der Einkaufsstraße verteilt würden, habe der Kunde das Produkt schon aktiv angefordert - sei also prinzipiell offen dafür.

So optimistisch sehen das allerdings nicht alle. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur eines der Produkt-Abonnements auf Erfolg hoffen kann", sagt Marktpsychologe Gert Gutjahr vom IFM in Mannheim. "Abos schaffen grundsätzlich Abhängigkeit. Das wird nur akzeptiert, wenn kein Kaufrisiko besteht." Anders als etwa bei Zeitungen kaufe der Abonnent bei den Überraschungsboxen aber die Katze im Sack. "Das ist nicht transparent", erklärt er.

"Natürlich ist das nicht für jeden Käufer was", sagt auch Konsumpsychologe Christiandl. Vor allem für junge Leute, für die der Überraschungseffekt im Vordergrund stehe, sei das seiner Einschätzung nach aber durchaus interessant. Und: "Wenn man erstmal so ein Abo hat, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass man es behält."

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