Schlappe für Piëch Wolfsburgfrieden

WOLFSBURG/SALZBURG · In der Machtprobe an der Volkswagen-Spitze hat Vorstandschef Martin Winterkorn nach einer tagelangen Hängepartie einen Sieg errungen. Ungewöhnlich genug: die Attacke des mächtigen Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch auf Winterkorn lief ins Leere. Das ist eine vollkommene neue Erfahrung bei VW - wo das Wort Piëchs eigentlich Gesetz ist. Allerdings: Es ist ein Burgfrieden auf Zeit, der in der Salzburger Heimat Piëchs geschlossen wurde.

 Piech, Winterkorn, VW

Piech, Winterkorn, VW

Foto: DPA

Denn wichtige strategische und personelle Fragen bleiben nach dem Krisentreffen des innersten VW-Machtzirkels in Salzburg am Donnerstag offen. Wie lange bleibt Winterkorn noch Vorstandschef? Und vor allem: Ist sein späterer Wechsel an die Spitze des VW-Aufsichtsrates nach wie vor eine Option? Was passiert mit Piëch? Und vor allem: Wie viel Schaden hat der Machtkampf auf lange Sicht angerichtet? Auch die wichtigsten Probleme sind nach wie vor ungelöst: vor allem die Renditeschwäche der Kernmarke VW und das schwache US-Geschäft.

Mit dem klaren Bekenntnis des Aufsichtsrats-Präsidiums zu Winterkorn als Vorstandschef dürfte VW zwar nun erst einmal wieder zur Ruhe kommen. Doch wie ist das Ganze zu interpretieren? Eine Lesart ist: Just an seinem 78. Geburtstag kassierte Piëch eine krachende Schlappe. Die mächtigsten VW-Vertreter stellten sich gegen seine Winterkorn-Kritik und stärkten dem Konzernchef den Rücken. Das würde das bisherige Machtgefüge bei Europas größtem Autobauer verschieben. Die andere Variante: Winterkorn hat seinen Kopf nur noch einmal aus der Schlinge gezogen und das dicke Ende naht erst noch. Denn die Vergangenheit zeigt: Bisher hat der VW-Patriarch noch jeden Machtkampf am Ende für sich entschieden.

Denn trotz allen Erfolges für den Konzern in Summe gibt es klare Probleme: Die Kernmarke rund um Golf oder Passat kann in den USA nicht mit der Konkurrenz mithalten - was Piëch schon deutlich bemängelte. Außerdem liegt ihr Gewinn gemessen am Umsatz weit hinter den Zielen für 2018 und hinter der asiatischen Konkurrenz.

Und so schien der 67-jährige Winterkorn mächtig angezählt, nachdem ihm Piëch Ende vergangener Woche öffentlich über den "Spiegel" das Vertrauen entzogen hatte. Allerdings bildete sich rasch eine mächtige Unterstützer-Allianz aus Betriebsrat und dem Land Niedersachsen.

Nach einer Woche quälender Hängepartie war dann gestern klar: Winterkorn, der bestbezahlte Manager im Dax, bleibt an der Konzernspitze - und sein Vertrag soll im nächsten Februar sogar verlängert werden, über sein bisheriges Vertragsende 2016 hinaus.

Doch gilt bis dahin eine Art Probezeit für Winterkorn? Aus Sicht von Branchenexperte Stefan Bratzel hängt nun vieles davon ab, wie sich der Aufsichtsratsvorsitzende künftig zum Vorstandschef positioniert: "Interessant wird sein, ob Piëch sich positiv zu Winterkorn äußert." dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort