Warenhauskette Karstadt steht vor harten Einschnitten

ESSEN · Die angeschlagene Warenhauskette Karstadt steht nach dem Eigentümerwechsel vor einer ungewissen Zukunft. Die rund 17.000 Mitarbeiter müssen sich auf Einschnitte gefasst machen. Bereits am kommenden Donnerstag will der Aufsichtsrat nach bisherigen Planungen über ein Sanierungskonzept beraten.

Der österreichische Investor René Benko übernimmt nun die Kontrolle bei dem kriselnden Konzern vom bisherigen Eigentümer Nicolas Berggruen.

Viel Zeit dürfte Benko bei den anstehenden Entscheidungen nicht haben. Denn Karstadt steckt seit langem in einer Krise. Das Unternehmen kämpft mit roten Zahlen und rückläufigen Umsätzen. Mittelfristig könnten 15 bis 20 Häuser geschlossen werden, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf das Umfeld Benkos. Bevor dies geschehe, wolle der Österreicher aber Haus für Haus auf Rentabilität prüfen.

Ein Sprecher von Benkos Signa-Holding kommentierte den Bericht auf Anfrage nicht. Den "SZ"-Informationen zufolge will Benko zehn Jahre oder mehr bleiben und in das Unternehmen investieren. Er plane, Markenhändler als zusätzliche Mieter in die meisten Karstadt-Häuser zu holen und sie zu größeren Einkaufszentren umzubauen. Die "Bild am Sonntag" berichtete, dass Benko Karstadt in den kommenden zwölf Monaten sanieren wolle, mit Einschnitten in allen Bereichen.

Ausichtsratschef Stephan Fanderl hatte schon vor einem Monat einen harten Sanierungskurs angekündigt: Alles müsse bei Karstadt auf den Prüfstand gestellt werden. Das Unternehmen mache sich "berechtigte Sorgen um die Profitabilität" von mehr als 20 Warenhäusern, hatte Fanderl der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Konkrete Schließungsbeschlüsse gebe es aber noch nicht.

Als gefährdet in der Region gilt die Karstadt-Filiale im Gummersbacher Einkaufszentrum Bergischer Hof mit rund 100 Mitarbeitern, ebenso wie in NRW noch Filialen in Siegen, Iserlohn, Bottrop und Mönchengladbach. Allerdings hatte der Geschäftsführer der Gummersbacher Filiale Volker Simstich im Juli betont, sein Haus schreibe seit Längerem schwarze Zahlen. Der Eigentümer des Bonner Karstadt-Gebäudes geht "davon aus, dass dieser Standort für Karstadt profitabel ist", so Frank Wenzel, Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen Kapitalanlagegesellschaft, die das Haus an der Poststraße 2012 gekauft hatte.

Eine Schließung sei unwahrscheinlich, zumal sich Karstadt mit einem langfristigen Mietvertrag an die Immobilie gebunden habe: Bis zum Jahr 2026 haben beide Seiten keine Möglichkeit zu kündigen. Bei Karstadt in Bonn sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt.

Am Freitag war bekanntgegeben worden, dass der bisherige Eigentümer Nicolas Berggruen die Kette für einen Euro an Signa abgibt. Anfang der Woche soll der Österreicher die Kontrolle über die 83 Filialen übernehmen. Auch Berggruens verbliebene Anteile an den Karstadt-Premium-Kaufhäusern und Karstadt Sports sowie die Markenrechte gehen an Signa. Das Bundeskartellamt muss dem Deal noch zustimmen.

Der Deutsch-Amerikaner Berggruen hatte Karstadt 2010 für den symbolischen Preis von einem Euro aus der Insolvenz übernommen. Nun verkauft er die Kette für einen Euro an Benko. In der "Bild" räumte Berggruen Fehler im Management von Karstadt ein.

Gleichzeitig wies er Vorwürfe zurück, sich am Unternehmen bereichert zu haben. "Fakt ist: Karstadt war für uns kein gutes Geschäft, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch mit Blick auf meinen Ruf in Deutschland." Mit dem Komplettausstieg wolle er den Weg für einen Neuanfang freimachen. "Alle wissen, dass es so nicht weitergehen kann."

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