EU-Kommission ermittelt wegen staatlicher Zuwendungen gegen deutsche Häuser Jugendherbergen unter der Lupe

BRÜSSEL · Sind Jugendherbergen eine Gemeinwohl-Einrichtung, die zu Recht vom Steuerzahler gefördert wird? Oder sind sie Mitbewerber auf dem freien Markt der Billig-Unterkünfte und müssen deshalb ohne Staatsknete auskommen? Das hat jetzt die Wettbewerbsaufsicht der EU zu klären. Sie befasst sich mit der Klage eines deutschen Hostel-Betreibers, der sich durch die Subventionen für das Deutsche Jugendherbergswerk benachteiligt fühlt.

 Gemeinnützige Einrichtungen der Jugendhilfe: Staatliche Zuschüsse sind privaten Hostels ein Dorn im Auge.

Gemeinnützige Einrichtungen der Jugendhilfe: Staatliche Zuschüsse sind privaten Hostels ein Dorn im Auge.

Foto: dpa

Beschwerdeführer ist die Berliner Firma A & O Hotels und Hostels, nach eigener Darstellung "mit 22 Häusern in 14 Städten die größte privat geführte Hostelkette Europas". Auf der Internet-Seite schildert Firmengründer und Geschäftsführer Oliver Winter seinen Aufstieg und verspricht "eine Erfolgsgeschichte, die immer weiter geht". Auf diesem Weg sieht sich Winter allerdings unfair behindert durch den urdeutschen Platzhirsch auf dem Gebiet der kostengünstigen Übernachtung, die Jugendherbergen.

Diese profitieren nämlich von allen möglichen Zuwendungen der öffentlichen Hand - direkten Zuschüssen, Steuerermäßigungen, Vorzugskonditionen für die Immobilien, Bauhilfen, Darlehen. Dagegen hat Winter bei der EU-Kommission in Brüssel Klage eingereicht: Die Häuser des DJH hätten dank der Subventionen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. In der Tat ist die Jugendherberge, traditionsreicher Eckpfeiler des deutschen Wandervogel-Wesens, nicht mehr, was sie war.

Wo einst der strenge "Herbergsvater" auf Resopal-Tischen farbschwachen Hagebutten-Tee servierte und Schulklassen anhielt, die Wolldecken auf den Pritschen anständig zu falten, wartet heute ein "Geschäftsführer" mit einem runden Wohlfühl-Angebot auch für gehobene Ansprüche. "Resorts", "Wellness", "Lodges", "kulinarische Köstlichkeiten" - die 513 angeschlossenen Häuser sind auf der Höhe der Zeit. Neben der Stammklientel, den Schulklassen, nutzen zunehmend Familien, Gruppen, Konferenzteilnehmer und Einzelreisende die günstige Logier-Möglichkeit. Nur die Förderung der Herbergen als gemeinnützige Einrichtungen der Jugendhilfe folgt ganz den alten Bräuchen.

Nach DJH-Auskunft bekommen die Jugendherbergen jährlich von Bund und Ländern drei Millionen Euro im Jahr, die Steuervorteile nicht gerechnet. Doch allein in die Renovierung des Nürnberger Hauses in einer 500 Jahre alten Burg ("Schlafen mit höchstem Jugendherbergskomfort") sind nach Recherchen des Düsseldorfer Handelsblattes zehn Millionen Euro Zuschüsse vom Bund, dem Land Bayern und der Stadt Nürnberg geflossen. Die Zeitung zitiert ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums, wonach insgesamt "die steuerlichen Vergünstigungen viel zu großzügig" sind.

Dazu wird sich nun die Brüsseler Wettbewerbsaufsicht ein eigenes Urteil bilden. "Wir haben eine Beschwerde erhalten, die wir derzeit prüfen", sagt ein Sprecher des zuständigen Kommissars Joaquin Almunia. Wenn dessen Experten die Argumente des Beschwerdeführers stichhaltig finden, würden sie ein Hauptverfahren eröffnen und am Ende entscheiden, ob die Förderpraxis in der Bundesrepublik mit EU-Recht vereinbar ist. Gegebenenfalls müsste sie korrigiert oder ganz eingestellt werden.

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