Europäische Union Investitionspakt mit Hindernissen

BRÜSSEL · 300 Milliarden Euro hat der Kommissionspräsident angekündigt, 700 Milliarden wollen die Liberalen, 800 Milliarden fordern die Sozialdemokraten - wenige Tage vor der Präsentation des EU-Wachstumsprogramms vermutlich am kommenden Montag ist ein regelrechter Bieterstreit ausgebrochen.

 Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat 300 Milliarden Euro für das Konjunkturpaket angekündigt.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat 300 Milliarden Euro für das Konjunkturpaket angekündigt.

Foto: dpa

Angesichts von 25 Millionen Arbeitslosen und sinkender Konjunktur im Euro-Raum sowie der EU braucht die Union dringend neue Impulse. Die soll es nach dem Willen von Kommissionschef Jean-Claude Juncker geben - und zwar schnell. Am liebsten wäre dem Luxemburger, wenn er das Vorhaben noch bis zum Jahresende durch das parlamentarische Verfahren peitschen könnte.

Doch schon im Vorfeld zeichnet sich ab, dass die Hindernisse zahlreich und hoch sind. Vor allem bei der Frage, woher die gewaltige Summe eigentlich kommen soll, scheiden sich die Geister. Juncker selbst plant offenbar, die Mitgliedstaaten zu einem Obolus im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich zu verpflichten. Mit diesem Geld könnte er dann privates Kapital mobilisieren und die Europäische Investitionsbank (EIB) in Luxemburg besser ausstatten.

Dieser so genannte Hebel hat erst vor Kurzem hervorragend funktioniert: Unmittelbar nachdem die Staats- und Regierungschefs das Grundkapital ihrer Hausbank um zehn Milliarden Euro erhöhten, könnte sie Darlehen im Umfang von 180 Milliarden Euro vergeben. Doch gegen diesen Weg wehren sich nahezu alle EU-Regierungen - außer Deutschland. In Berlin fürchtet man überhöhte Forderungen aus Brüssel, die das schöne Bild vom schuldenfreien Haushalt 2015 stören könnten. "Es ist genug Geld vorhanden", sagte denn auch der CDU-Europa-Abgeordnete und Fachmann für Regionalpolitik, Markus Pieper, am Freitag. Und er erteilte auch gleich einem weiteren Gedanken eine klare Abfuhr: Aus Frankreich und Italien waren Stimmen laut geworden, die brachliegenden Gelder des ESM-Rettungsschirms für die anstehenden Investitionen zu nutzen.

Während der Chef der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt, wie die Kommission vor allem auf privates Kapital setze, forderte der Vorsitzende der Sozialdemokraten in der europäischen Volksvertretung, Gianni Pitella, für seinen "Europäischen 800-Milliarden-Euro-Investitionsplan für 2015 bis 2020" Einzahlungen der Mitgliedstaaten in Höhe von 100 Milliarden Euro. Dieses Geld solle bei der Anrechnung der Haushaltsdefizite nicht einbezogen werden. Dem Vorhaben werden wenig Chancen eingeräumt - allein Berlin müsste rund 20 Milliarden finanzieren. Die Bundesregierung winkte bereits ab.

Mit großer Spannung werden auch Junckers Vorschläge für die Projekte erwartet, die mit dem Geldsegen aus Brüssel bedacht werden könnten. Anders als in der Vergangenheit soll es sich dabei um nachhaltige Maßnahmen handeln, die Wirtschaftswachstum auslösen und Jobs generieren. Die Bereiche sind bereits absehbar: Dass der Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Internets dabei ist, steht außer Frage. Auch die Forschungsstätten dürften beglückt werden. Dass mehr Geld in bessere Straßen- und Schienenverbindungen fließen wird, gilt ebenfalls als sicherer Tipp.

Kritiker in Brüssel warnen allerdings inzwischen vor allzu großen Hoffnungen und verweisen dabei auf entsprechende Pakete, die es in der Vergangenheit gegeben hat: 120 Milliarden für mehr Wachstum, sechs Milliarden für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit - in den meisten Fällen lagen die Gelder jahrelang herum, ohne dass es zu den gewünschten Wachstumsimpulsen kam. Der Grund: EU-Gelder gibt es nur gegen Eigenbeteiligung. Und für die hatten die Länder, die besonders dringend Hilfe brauchten, meist kein Geld.

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