Börsen-Boomjahr: Überflieger Dax gewinnt fast 30 Prozent

Frankfurt/Main/Paris/London · Kaum jemand hat zum Jahresanfang mit diesem Börsenboom in Deutschland trotz aller Widrigkeiten der Schuldenkrise gerechnet. Deutsche Aktien waren 2012 so gefragt wie lange nicht mehr. Um fast 30 Prozent legte der Leitindex Dax im abgelaufenen Börsenjahr zu.

 Der DAX kannte 2012 fast nur eine Richtung: nach oben. Foto: Nicolas Armer

Der DAX kannte 2012 fast nur eine Richtung: nach oben. Foto: Nicolas Armer

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Das ist das größte Plus seit fast zehn Jahren. Unter den Börsen der großen Industrieländer war der Dax der Überflieger. Kaum ein Experte hatte diese Entwicklung angesichts der anhaltenden Euro-Schuldenkrise zum Jahresanfang erwartet. Der Dax spiegelte auch die Stärke der deutschen Wirtschaft wider, die sich bei scharfem Gegenwind als robust erwiesen hat.

Nur ganz zum Schluss ging dem Leitindex noch etwas die Puste aus. Im verkürzten Jahresschlusshandel am Freitag - der Handel wurde kurz nach 14.00 Uhr beendet - büßte der Dax leicht um 0,57 Prozent auf 7612,39 Punkte ein. Allein seit Mitte November war er ohne größere Atempause um gut 10 Prozent geklettert. In der Jahresbilanz bedeutete dies aber einen Zuwachs von 29,06 Prozent.

Der Dax, der aus den wichtigsten deutschen Aktien besteht, entwickelte sich im abgelaufenen Jahr weit besser als der Index der New Yorker Börse Dow Jones Industrial. Für das wichtigste Aktien-Barometer der Welt fiel die Jahresbilanz bislang mit rund 7 Prozent plus vergleichsweise mager aus. Auch der Eurostoxx 50, in dem die bedeutendsten europäischen Aktien aufgelistet sind, konnte nicht mithalten. Er legte bislang um rund 16 Prozent zu. Am kräftigsten legte mit einem Plus von etwas mehr als 35 Prozent der stark von den Schwellenländern profitierende Autosektor zu, gefolgt vom Versicherungssektor, der um rund 33 Prozent stieg.

Sowohl an der New Yorker Börse als auch an verschiedenen europäischen Börsen wird auch noch am Silvestertag gehandelt. Entsprechend werden die Jahresschlussstände für den Leitindex an der Wall Street und den EuroStoxx 50 erst am 31. Dezember ermittelt. Für die Frankfurter Börse war bereits am Freitag Schluss.

Noch 2011 wurden die deutschen Aktien voll von der Staatsschuldenkrise getroffen. Um 15 Prozent ging es im Vorjahr abwärts. Die anhaltend niedrigen Zinsen, die Sparbücher und festverzinsliche Anlagen unattraktiv machen, die offenen Geldschleusen der Notenbanken und die positiv von den Märkten aufgenommenen Rettungsmechanismen in der Euro-Schuldenkrise schufen 2012 ein Börsenumfeld, in dem Anleger wieder zur Aktie griffen.

Börsenexperten sind auch für 2013 optimistisch, das Plus dürfte nach Ansicht vieler aber nicht mehr so deutlich ausfallen wie in diesem Jahr. Etliche rechnen angesichts anhaltend niedriger Zinsen beim Dax mit einem Sprung über die 8000er Marke. Das bisherige Rekordhoch vom Sommer 2007 von 8151 Punkten könnte fallen.

Von dem starken Börsenjahr 2012 profitierten auch die mittelgroßen Börsenwerte im MDax. Der MDax sank zwar an diesem Freitag um 0,52 Prozent auf 11 914,37 Punkte. Auf Jahressicht legte er aber noch stärker als der Dax zu, insgesamt um 33,90 Prozent, nachdem er Mitte Dezember mit 12 103 Punkten ein Rekordhoch erklommen hatte. Im Segment der technologieorientierten Aktien mit dem TecDax schlug ein Jahresplus von 20,88 Prozent zu Buche. Am Freitag verlor der TecDax leicht um 0,25 Prozent auf 828,11 Punkte.

Die leichte Schwäche zum Jahresschluss begründeten Analysten mit dem Haushaltsstreit in den USA. Es geht um die Frage, ob die Fiskalklippe durch eine Einigung zwischen Demokraten und Republikanern doch noch umschifft werden kann oder ob zum Jahreswechsel das gefürchtete Sparprogramm im US-Haushalt automatisch eingeleitet wird. Im letzteren Fall befürchten etliche Experten einen Konjunkturabsturz in den USA mit negativen Auswirkungen auch auf Europa.

In der Jahresbilanz 2012 waren die Aktien des Automobilzulieferers und Dax-Wiederaufsteigers Continental mit einem Plus von 82,12 Prozent auf 87,59 Euro der größte Gewinner im Leitindex. Den zweiten Platz sicherten sich die Papiere von Lanxess mit einem Aufschlag von 65,67 Prozent auf 66,27 Euro. Der Spezialchemiekonzern ist seit September erstmals im Leitindex vertreten. Die Lufthansa-Aktien kletterten an dritter Stelle um 55,04 Prozent auf 14,24 Euro. Am Dax-Ende verloren die Eon-Aktien 15,48 Prozent auf 14,09 Euro. Sie hatten 2012 unter den Folgen der Energiewende gelitten.

Klarer Favorit der Anleger im MDax waren die Aktien des Bezahlsenders Sky Deutschland, die 2012 mit einem Plus von 193,95 Prozent auf 4,133 Euro von Übernahmespekulationen profitierten. Die Titel des Dax-Absteigers Metro verloren hingegen am Index-Ende 25,53 Prozent auf 21 Euro. An der TecDax-Spitze kletterten die Papiere des Pharmazulieferers Sartorius um 89,44 Prozent auf 67,25 Euro. Schlusslicht waren die Anteilsscheine von Solarworld mit minus 67,42 Prozent auf 1,059 Euro. Das Unternehmen hatte die Krise in der Solarbranche besonders deutlich zu spüren bekommen.

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