Aus für "Financial Times Deutschland"

Hamburg · Die Wirtschaftszeitung "Financial Times Deutschland" ("FTD") erscheint am 7. Dezember zum letzten Mal. Was seit Tagen in der Medienbranche erwartet worden war, teilte der Verlag am Freitag offiziell mit.

Aus für die "Financial Times Deutschland". Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 ist die "FTD" nicht in die schwarzen Zahlen gekommen. Foto: Stephanie Pilick

Aus für die "Financial Times Deutschland". Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 ist die "FTD" nicht in die schwarzen Zahlen gekommen. Foto: Stephanie Pilick

Foto: DPA

Fassungslos reagierten die mehr als 300 Mitarbeiter der Gruner + Jahr-Wirtschaftsmedien, die auch bei "Capital", "Impulse" und "Börse Online" betroffen sind. Sie trugen Trauerflor - in der "FTD"-Farbe Lachsrosa.

Angesichts der roten Zahlen der "FTD" seit Gründung im Jahr 2000 habe der Vorstand keinen Weg gesehen, das Blatt weiter zu betreiben, teilte G+J-Deutschland-Chefin Julia Jäkel am Freitag mit. Für eine reine Online-Version habe der Verlag keine Erfolgschance gesehen.

Das Unternehmen hatte in der Finanzkrise 2008 seine Wirtschaftsmedien in Hamburg zusammengezogen, um Kosten zu reduzieren. "Zwar konnten erhebliche Einsparungen erzielt werden, diese reichten jedoch nicht aus, um die rückläufigen Anzeigenumsätze auszugleichen." Auch 2012 würden die Wirtschaftsmedien einen deutlichen Verlust machen, sagte Jäkel.

Für die beiden G+J-Magazine "Impulse" und "Börse Online" werden ein Verkauf und ein Management-Buy-Out - also die Übernahme durch verlagsinterne Manager - geprüft. Sollte dies scheitern, sei auch für die beiden Wirtschaftsmagazine die Einstellung geplant. Erhalten bleibt die Sektion für Kundenmagazine "Facts & Figures".

Das monatliche Traditionsmagazin "Capital" soll von Berlin aus mit stärkerer wirtschaftspolitischer Ausrichtung weitergeführt werden, ebenso das halbjährliche Heft "Business Punk". Die voraussichtlich verkleinerte Redaktion wird in der Aufbauphase von Chefredakteur Steffen Klusmann weiter geführt.

In den nächsten Wochen wird über das Schicksal von 314 direkt betroffenen Mitarbeitern entschieden. Aus dem Verlag verlautete, dass Kündigungen erst im Januar ausgesprochen werden sollen. Darüberhinaus geht es um 50 Arbeitsplätze in verknüpften Verlagsbereichen, die möglichst durch Fluktuation abgebaut werden sollen. Mit den Betriebsräten wird über einen Sozialplan verhandelt.

Die Gewerkschaft Verdi warf dem Vorstand einen verheerenden Kahlschlag vor. Der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank Werneke forderte dazu auf, jede Möglichkeit der Weiterbeschäftigung der Betroffenen innerhalb des Verlages zu prüfen. Auch für den Medienstandort Hamburg ist es ein weiterer Rückschlag. "Es wird eine große gesellschaftliche Aufgabe sein, auch im digitalen Zeitalter qualitativ hochwertigen Journalismus zu sichern", sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Die Einstellung der "FTD" dürfte Jäkel nicht leicht gefallen sein. Sie gehörte zum Gründungsteam des Blattes und stieg dort zur Verlagsleiterin "Editionen" auf, bevor sie 2004 in den G+J-Zeitschriftenbereich wechselte. Die "FTD" sei eines der ambitioniertesten journalistischen Projekte der vergangenen Dekade gewesen, sagte Jäkel. "Es geht ein bedeutendes Kapitel deutscher Publizistik zu Ende."

Mehrheitseigner Bertelsmann verwies darauf, dass die Entscheidungen nach einer "überaus sorgfältigen und verantwortungsbewussten Prüfung aller denkbaren Optionen" getroffen wurden. Eine wirtschaftlich tragfähige Alternative habe es nicht gegeben. "Doch ohne ein solches Geschäftsmodell ist Qualitätsjournalismus, dem Bertelsmann sich grundsätzlich weiter verpflichtet fühlt, nicht denkbar."

Die Medienbranche war im November schon durch den Insolvenzantrag der "Frankfurter Rundschau" geschockt worden. Außerdem verschwindet das Stadtmagazin "Prinz" im Dezember aus den Kiosken und präsentiert sich dann nur noch im Internet.

Die medienpolitische Sprecher der Fraktionen von Union und FDP kündigten am Freitag an, dass sich nun auch der Bundestag mit dem Zeitungssterben in Deutschland befassen werde.

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