Rassismus-Prozess in den Niederlanden Der "zwarte Piet" darf schwarz bleiben

DEN HAAG · Gut vier Jahrhunderte lang hatte sich niemand daran gestört, dass pünktlich zum eigentlichen Fest in den Niederlanden nicht nur der Sinterklaas (Heilige Nikolaus), sondern eben auch sein schwarzer Helfer, der "zwarte Piet" (schwarze Peter), durch die Straßen zog.

 Zwarter Piet aus Schokolade: In niederländischen Geschäften steht der süße schwarze Mann einträchtig neben dem "Sinterklaas", wie der Nikolaus auf holländisch heißt.

Zwarter Piet aus Schokolade: In niederländischen Geschäften steht der süße schwarze Mann einträchtig neben dem "Sinterklaas", wie der Nikolaus auf holländisch heißt.

Foto: dpa

Dass es dabei bleiben dürfte, verdankt der Begleiter des heiligen Mannes nunmehr dem höchsten Verwaltungsgericht des Landes. Das urteilte zwar am Mittwoch nicht darüber, ob die Erscheinung mit dem pechschwarzen Gesicht und den grellrot geschminkten Lippen rassistisch sei. Aber man bestätigte schon mal, dass der Amsterdamer Bürgermeister Eberhard van der Laan im Vorjahr den traditionellen Umzug nicht hätte absagen müssen.

Der Streit verschüchterte - wie es in einheimischen Medien hieß - manches Kind mehr als die Erscheinung der Figur selbst. Denn im Juli letzten Jahres hatte ein Gericht in Amsterdam scharf geurteilt und den Umzug, bei dem die beiden Figuren die Hauptrolle spielen, als einen schweren Eingriff in die Privatsphäre nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bezeichnet, weil schwarze Bürger der Stadt sich davon in ihrer Ehre verletzt fühlen könnten.

Nun kassierte das Verwaltungsgericht in Den Haag das Urteil der Vorinstanz, weil ein Verbot nur dann rechtmäßig gewesen sei, wenn dadurch die öffentliche Ordnung gestört worden wäre. "Stigmatisierungen oder Diskriminierung" von Bevölkerungsteilen fallen nicht darunter. Eine Entscheidung, die also vorrangig verwaltungstechnischer Natur sei, betonte der Hof. Ob eine Verletzung der Menschenrechtskonvention vorliege, könne ein Verwaltungsgericht nicht beurteilen.

Der Streit hatte die seltsamsten Blüten getrieben. So führte die für ihren Käse bekannte Stadt Gouda zwar weiter die traditionellen Umzüge durch, bemalte den ursprünglich schwarzen Mann aber gelb, so dass sich niemand auf den Schlips getreten fühlen konnte.

Die Auseinandersetzung galt ohnehin von Anfang an als Werk vor allem einer streitbaren Politikerin: Die farbige Jamaikanerin Verene Shephard, Professorin für Sozialgeschichte und Mitglied einer Arbeitsgruppe beim UN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen, betrieb die Abschaffung des "zwarten Piet".

Am Mittwoch kündigten nun gleich reihenweise niederländische Städte an, der "zwarte Piet" werde am Nikolaustag, dem 6. Dezember, wie gewohnt durch die Straßen tollen.

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