Kleines Mädchen in syrischen Flüchtlingscamp Wie ein Foto die Netzgemeinde berührte

Bonn · Das Bild eines kleinen Mädchens aus einem syrischen Flüchtlingscamp, das verängstigt die Hände in die Höhe streckt, bewegt derzeit die Twitter-Gemeinde. Nun wurde bekannt, welche Geschichte hinter dem Foto steckt.

Ein kleines Mädchen mit großen, dunklen Augen blickt völlig verängstigt in die Kamera. Es hat die Arme gehoben, ganz so, als ob es sich ergeben wolle. Offenbar hält es die Kamera, die es fotografiert, für eine Waffe. Dieses Foto aus einem Flüchtlingslager in Syrien wurde am 24. März bei Twitter gepostet - und seither rund 22.000 mal bei dem Kurznachrichtendienst geretweetet und rund 10.000 mal favorisiert. Seit einigen Tagen kursiert es zudem bei Reddit. So hat sich der Eintrag mit dem Foto in kürzester Zeit weltweit weiterverbreitet.

Gepostet wurde das beeindruckende Bild von der Fotojournalistin Nadia AbuShaban aus Gaza. Doch da weder ein Hinweis auf den Fotografen, noch auf die Hintergründe in dem Post angegeben waren, zweifelten viele Twitter-Nutzer an der Echtheit des Bildes. Abu Shaban erklärte zwar, dass sie das Bild nicht gemacht habe, konnte allerdings auch nicht den Autor nennen.

Und so machte sich die britische BBC auf die Suche nach der Geschichte hinter dem Bild - und konnte sogar den Fotografen finden, der das kleine Mädchen abgelichtet hatte.

photojournalist took this photo 4 Syrian child, thought he has a weapon not a camera so she Gave up ! #Surrendedpic.twitter.com/bm1hOWQWJY

Nadia AbuShaban (@NadiaAbuShaban) 24. März 2015Die Recherchen ergaben, dass das Foto bereits im Dezember 2014 von dem türkischen Fotografen Osman Sağırlı aufgenommen wurde. Er bestätigte dem Sender, dass es sich bei dem Kind auf dem Bild um die vierjährige Hudea handele. Der Fotograf hatte demnach das Bild im Atmeh-Flüchtlingscamp nahe der türkischen Grenze geschossen. Hudea sei zuvor mit ihrer Mutter und zwei Geschwistern aus dem 150 Kilometer entfernten Hama dorthin geflüchtet.

Doch wie kam es zu diesem beängstigenden Bild? "Ich hatte ein Teleobjektiv benutzt und sie dachte, es sei eine Waffe", erklärte Sağırlı. "Ich bemerkte, dass sie Angst bekam, nachdem ich das Bild gemacht hatte", so der Fotograf. "Normalerweise laufen Kinder weg, verstecken ihr Gesicht oder lächeln, wenn sie eine Kamera sehen." Es sei beeindruckend zu sehen, wie Kinder das Erlebte zeigen würden: "Es sind die Kinder, die die Gefühle mit ihrer Unschuld reflektieren."

Das Foto war zuerst in der Zeitung "Türkyie Newspaper" veröffentlicht worden, für die Sağırlı 25 Jahre gearbeitet hatte. Erst später wurde es von türkischen Social-Media-Nutzern geteilt - und es dauerte noch einmal mehrere Monate, bis auch internationale Twitter-Nutzer es aufgriffen und es sich dann in rasender Geschwindigkeit in der ganzen Welt verbreitete.

Über das Schicksal von Hudea und ihrer Familie ist derweil nichts bekannt...

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort