Kino-Amokläufer James Eagan Holmes Todesstrafe oder Therapie

WASHINGTON · Als Richter Carlos Samour die 24 aus ursprünglich 9000 Kandidaten ausgewählten Geschworenen in ihr letztes freies Wochenende vor dem Start des Kino-Mörder-Prozesses von Aurora schickte, ließ er sie nicht im Unklaren: "Sie werden schreckliche Fotos und Videos sehen und furchtbare Berichte über Tod, Verlust und Verletzungen hören. Behalten Sie trotzdem einen offenen Geist. Der Angeklagte gilt bis auf weiteres als unschuldig."

 Ein Amokläufer oder ein Mörder? James Holmes im Juli 2012 vor Gericht.

Ein Amokläufer oder ein Mörder? James Holmes im Juli 2012 vor Gericht.

Foto: dpa

Schon am heutigen Nachmittag wird sich dieser Eindruck im Arapahoe County District Court verflüchtigen. Dann beginnt in Centennial bei Denver im US-Bundesstaat Colorado mit langer Verspätung der Prozess gegen James Eagan Holmes. Der 27-jährige ehemalige Student der Neurowissenschaften muss sich wegen mehrfachen Mordes und rund 170 weiterer Straftaten von Waffenmissbrauch bis zur Bedrohung von Sicherheitskräften verantworten.

Er war am 20. Juli 2012 im Century 16-Multiplex-Kino im Vorort Aurora während der Premiere des Batman-Filmes "The Dark Knight Rises" mit Gasmaske und Schutzweste in einen der Säle gestürmt und hatte mit einem Sturmgewehr das Feuer eröffnet. Zwölf Menschen starben, fast 60 wurden teilweise schwer verletzt. Ein typischer Fall: Caleb Medley. Nach Kopfschüssen sitzt er linksseitig gelähmt im Rollstuhl. "Sein Sprachvermögen ist sehr eingeschränkt", sagte Ehefrau Katie. Trotzdem will Medley in den Zeugenstand treten.

James Holmes wurde am Hintereingang des Kinos von der Polizei überwältigt. Er hat die Taten gestanden, plädierte bereits kurz nach dem Massaker auf "nicht schuldig". Seine Anwälte erklärten, er sei "von akuten psychotischen Notständen gequält gewesen". Kurzum: unzurechnungsfähig. Staatsanwalt George Brauchler hält dagegen: "Gerechtigkeit bedeutet im Fall Holmes den Tod." Er fordert die Giftspritze.

Holmes habe die Tat lange minutiös vorbereitet, sagt der Chefankläger. Holmes' Wohnung war mit Sprengladungen gespickt, damit Polizisten bei der Rekonstruierung des Verbrechens sterben. Er kaufte vier Waffen und 6000 Schuss Munition. Außerdem hatte er in Internet-Kontaktbörsen nach Frauen gesucht, die ihn später im Gefängnis besuchen. Für die Anklage Beleg genug für die These, dass "ihm die Folgen seines Amoklaufes bekannt waren und er der Todesstrafe entgehen will, indem er sich hinter einer behaupteten Geisteskrankheit versteckt".

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