Festnahmen Reemtsma will Millionen-Lösegeld zurück

Hamburg · Verbrechen darf sich nicht lohnen - das ist der Standpunkt des vor 18 Jahren entführten Jan Philipp Reemtsma. Doch von dem Lösegeld in Rekordhöhe ist bislang nur wenig aufgetaucht. Könnte er es nach den neuen Festnahmen vielleicht doch noch zurückbekommen?

Nach dem Knast ein Leben in Saus und Braus - das dürfte der Wunsch der Entführer von Jan Philipp Reemtsma gewesen sein und der Alptraum für den Hamburger Unternehmenserben. Strafrechtlich ist die Entführung vor 18 Jahren längst aufgearbeitet. Der Drahtzieher hatte das Gefängnis in Hamburg-Billwerder nach über 15 Jahren im Oktober vergangenen Jahres verlassen.

Doch von dem Lösegeld in Höhe von umgerechnet 15 Millionen Euro ist der größte Teil weiter verschwunden. Doch jetzt wurde am Wochenende bekannt, dass es möglicherweise eine neue Spur gibt, die ins Frankfurter Rotlichtmilieu führt. Die spanische Polizei nahm vergangene Woche einen 62-Jährigen auf Mallorca fest.

Er soll nach Angaben der Aachener Staatsanwaltschaft Mitglieder aus der Frankfurter Rockerszene erpresst haben, die Summen in Millionenhöhe aus Teilen des Lösegelds gewaschen hätten. Die in Aachen festgenommene 59-jährige Schwester des Hauptverdächtigen soll demnach "partizipiert" haben. Reemtsma hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er sein Geld wiederhaben will. "Es ist ein störender Gedanke, dass er möglicherweise von dem Geld, was er auf die Seite gebracht hatte, sich ein gutes Leben machen kann", sagte der Literaturwissenschaftler

zur Freilassung des Drahtziehers im vergangenen Jahr dem NDR. "Solche Verbrechen sollten keine Erfolge sein." Dass sein Mandant weiter Anspruch auf das Geld hat, steht für Reemtsmas Anwalt Johann Schwenn außer Frage. "Der Anspruch steht ihm zu, den muss er nicht erheben", betont er. Zu den Bemühungen, die Millionen wiederzugewinnen, will er sich nicht äußern. "Warten Sie es ab", sagt Schwenn. "Mehr sag' ich nicht."

Auf Hilfe von staatlicher Seite dabei kann Reemtsma allenfalls indirekt hoffen. Drei Monate nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist, sei die Sache für die Anklagebehörde erledigt, erläutert die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. Der Geschädigte müsse zivilrechtlich vorgehen, um etwa mit Pfändungsbeschlüssen sein Eigentum zurückzubekommen. "Die Hilfeleistung in zivilrechtlichen Verfahren ist nicht unsere primäre Aufgabe", fügt Frombach hinzu.

Die staatlichen Fahnder könnten erst wieder aktiv werden, wenn sich der dringende Verdacht einer neuen Straftat ergebe. Das könnte jetzt der Fall sein. Gegen den festgenommenen 62-Jährigen wird wegen gewerbsmäßiger Erpressung ermittelt. Mitglieder der Rockergruppe Hells Angels, und zwar des seit 2011 verbotenen "Charters Westend" in Frankfurt, werden der Geldwäsche verdächtigt.

Ob auch nach dem verschwundenen Lösegeld gesucht wird, ließ die Aachener Staatsanwaltschaft am Montag allerdings offen. "Sicher ist das für uns interessant. Aber inwieweit da weitere Ermittlungen von unserer Seite getätigt werden, kann ich nicht sagen", so Sprecher Jost Schützeberg. Experten vermuten seit langem, dass die Reemtsma-Millionen inzwischen "gewaschen" wurden, womöglich im Ausland.

Doch sollten von den Originalscheinen in D-Mark und Schweizer Franken noch welche vorhanden sein, könnten zumindest kleine D-Mark-Summen unauffällig in Euro getauscht werden. Allein bei der Hamburger Filiale der Bundesbank werden noch rund 70 Mal pro Tag Mark in Euro gewechselt, wie Pressesprecher Joern Eckhoff sagt. Im vergangenen Jahr sollen noch 170 Millionen D-Mark-Scheine im Umlauf gewesen sein. Die Einzelüberprüfung von Tausendern in Mark und Franken aus dem Lösegeld war bereits drei Jahre nach der Entführung eingestellt worden - wegen zu großen Aufwands für die Banken.

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