(Un)verbrüchliche Liebe Paris knackt die Liebesschlösser

PARIS · Von Montag an befreit sich die Stadt der Liebe von der tonnenschweren Last, die Hunderttausende Paare hinterließen

 Manchmal reicht auch ein Selfie: Armando und Carolina fotografieren sich mit Liebesschlössern als Hintergrund.

Manchmal reicht auch ein Selfie: Armando und Carolina fotografieren sich mit Liebesschlössern als Hintergrund.

Foto: Holzer

Sie sind der sichtbare und schwerwiegende Ausdruck für eine unverbrüchliche Liebe, die ein Paar in der Romantiker-Stadt Paris zelebriert. Das Symbol eines starken Gefühls der Zusammengehörigkeit, erstanden für ein paar Euro von einem afrikanischen Verkäufer am Fuß von einer der Brücken, die über die Seine führen.

Oder von einem der Freiluft-Buchverkäufer an den Ufern, "Bouquinisten" genannt, die ihr Geschäft längst nicht mehr nur auf den Verkauf von Ausgaben des "Kleinen Prinzen" oder anderer Lektüre stützen, sondern auch Souvenirartikel anbieten - darunter Liebesschlösser.

Mit Filzstift schreiben die Paare ihre Namen darauf, umrahmen sie noch liebevoll mit einem Herz und ketten den Anhänger an eines der Brückengitter, zwischen Tausende andere Schlösser, die dort bereits hängen. Den Schlüssel werfen sie in die Seine, wo er so lange liegen soll, wie ihre Liebe währt. Oder sogar länger?

Der Trend, der 2008 begann, hat sich in wenigen Jahren zur Tradition entwickelt. Längst wurde er für die Geländer im wahrsten Wortsinn untragbar, von denen in der Vergangenheit bereits Teile unter der tonnenschweren Last herunterbrachen. Nun macht das Pariser Rathaus endgültig Schluss mit dem Brauch:

Von Montag an werden zunächst von den beiden besonders überlasteten Brücken Pont des Arts und Pont de l'Archevêché zwischen dem Louvre und der Kathedrale Notre-Dame alle Schlösser abmontiert; die anderen sollen folgen. Unterdessen verspricht die Stadt eine "nie dagewesene künstlerische Aktion", bis im Herbst Flächen aus Kunstglas angebracht werden, an denen jedes Liebesschloss abgleitet.

Leicht hat sich die Stadt die Entscheidung nicht gemacht, der lange Debatten vorausgingen - schließlich lebt Paris, die meistbesuchte Metropole der Welt, auch vom Ruf als Stadt der Liebe und wollte Romantiker nicht verschrecken.

Doch das Schlösser-Phänomen ziehe zweierlei Risiken nach sich, erklärt das Rathaus: eine dauerhafte Beschädigung des historisch-kulturellen Erbes sowie eine echte Sicherheitsgefahr für Besucher, Pariser wie Touristen. Gerne schippern diese in Ausflugsbooten über die Seine - und unter den schwer behangenen Brücken durch. Allein auf einem Meter Geländer wurde das Gewicht der Metallschlösser auf 300 Kilogramm geschätzt.

Zunächst wurde es noch mit einer Kommunikationsoffensive versucht: Im August 2014 forderten Plakate Paare dazu auf, Selfies, also mit dem Handy aufgenommene Selbstporträts, auf der extra dafür eingerichteten Seite http://lovewithoutlocks.paris.fr im Internet zu veröffentlichen und im Gegenzug die Geländer zu verschonen: "Unsere Brücken halten eurer Liebe nicht stand, befreit sie, indem ihr eure Liebeserklärung hier macht", hieß es darauf.

Doch während dort durchaus Pärchen Fotos von sich beim Schmusen einstellen, wollten andere nicht auf ihre metallenen Liebesbeweise verzichten, zumal diese überall erhältlich sind. Weiterhin glitzern sie zu Hunderttausenden in der Sonne. Auch Aktionen wie die des Anti-Liebesschloss-Bündnisses "Fucklove Paris" konnten ihnen wenig anhaben, die am Sankt-Valentinstag einige Schlösser abschnitten und sich dabei filmten - bis ein Souvenir-Verkäufer sie angriff und ihr Werkzeug in den Fluss warf.

Solche unschönen Szenen soll es künftig nicht mehr geben - und "Mike & Susi" oder "Lisa & Ben" müssen sich etwas anderes einfallen lassen, um ein Zeichen ihrer Liebe zu setzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort