Prozessauftakt Mord in deutscher WM-Nacht

Traunstein/Morbach · Mit der Aussageverweigerung des Angeklagten hat der Prozess gegen einen Ex-Soldaten der Bundeswehr um den Mord an einem Rentner und den Überfall auf eine Jugendliche begonnen. Der zur Tatzeit 20-Jährige muss sich seit Dienstag vor dem Traunsteiner Landgericht wegen Mordes und Mordversuches verantworten.

 Der Angeklagte Christoph R. berät sich zu Prozessauftakt am 14. April mit seinem Anwalt Harald Baumgärtl im Saal des Landgerichtes in Traunstein (Bayern).

Der Angeklagte Christoph R. berät sich zu Prozessauftakt am 14. April mit seinem Anwalt Harald Baumgärtl im Saal des Landgerichtes in Traunstein (Bayern).

Foto: dpa

Der aus Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) stammende Mann soll den 72-Jährigen auf den Tag genau vor neun Monaten in Bad Reichenhall auf offener Straße erstochen und die Auszubildende auf dem Nachhauseweg niedergestochen haben.

Begangen wurden beide Verbrechen am frühen Morgen des 14. Juli 2014 - nur wenige Stunden nach dem Triumph der deutschen Kicker bei der Fußball-WM. Auch in Bad Reichenhall feierten die Menschen damals den WM-Sieg bis spät in die Nacht. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der Soldat die Kaserne in dem Kurort damals mit dem festen Vorsatz verließ, jemanden umzubringen. Laut Anklageschrift prahlte er in der Tatnacht vor Passanten sogar, dass er gerade einen Menschen umgebracht habe.

Verteidiger Harald Baumgärtl gab zu Prozessbeginn eine Erklärung ab. Demnach wird sich sein inzwischen 21 Jahre alter Mandant in dem Verfahren vor der Jugendkammer nicht äußern. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Klaus Weidmann, ob dies zutreffe, nickte der beinahe schüchtern wirkende Angeklagte lediglich mit dem Kopf.

Laut der von Oberstaatsanwalt Volker Ziegler verlesenen Anklageschrift stach der Täter beiden Opfern mit voller Wucht ins linke Auge. Dem Rentner fügte er mit einem Bundeswehr-Kampfmesser an die 30 Stiche in Kopf und Oberkörper zu, ehe er mit dessen Geldbörse floh. Der Malermeister starb an zentraler Lähmung, lebenswichtige Teile seines Gehirns waren zerstört worden.

Eine halbe Stunde später begegnete der Soldat laut Anklage seinem zweiten Opfer. Die 17-Jährige war auf dem Nachhauseweg, als er sie von hinten angegriffen und mit derselben Waffe mehrmals zugestochen habe. Sie schleppte sich mit letzter Kraft zu einem Haus und klingelte die Bewohner heraus, die sofort ärztliche Hilfe holten. Die Jugendliche überlebte, sie ist aber seit der Tat auf dem linken Auge blind.

Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe schilderte den Angeklagten vor Gericht als kontrollierten Menschen, der großen Wert darauf lege, als intelligent angesehen zu werden. Die Eltern hätten sich getrennt, als er fünf Jahre alt war. Der Vater soll gewalttätig gegenüber seiner Mutter gewesen sein, vertraute der Angeklagte der Behördenvertreterin an. Lange Zeit lebte er demnach im Heim, später im Obdachlosenheim. Nach der Mittleren Reife brach er die Fachoberschule ab, auch eine Ausbildung zum Metallbauer schmiss er.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe schilderte, dass der junge Mann früh mit seinem Elternhaus abgeschlossen habe. Er habe zu ihr gesagt: "Hätte ich andere Eltern gehabt, wäre ich mit Sicherheit nicht hier gelandet." Zur Tat selbst äußerte sich der Angeklagte auch im Gespräch mit der Behördenvertreterin nicht. Sie gab sich aber überzeugt, "dass ihn die Situation extrem belastet, aber dass er seine ganze Energie darauf verwendet, es sich nicht anmerken zu lassen".

Für den Prozess sind weitere zehn Verhandlungstage vorgesehen. Es werden mehr als 50 Zeugen und Sachverständige gehört. Das Urteil will die Jugendkammer am 20. Mai verkünden. Die Angehörigen des Mordopfers und die junge Frau treten als Nebenkläger auf. Am Freitag (17. April) soll die Auszubildende als Zeugin vernommen werden.

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