ProSiebenSat1 und Springer sondieren Fusion Medienhochzeit mit Hindernissen

MÜNCHEN · Es wäre der Zusammenschluss zu einem wahren deutschen Medienriesen mit 15 Milliarden Euro Börsenwert und einer neuen Dimension vom Marktmacht. Schaffen wollen das die Münchner TV-Gruppe ProSiebenSat1 und der Berliner Axel Springer Verlag, die über eine Fusion verhandeln. Das haben hinter den Kulissen mehrere Insider gegenüber verschiedenen Medien bestätigt.

 Sprechen über einen Zusammenschluss: Springer-Chef Mathias Döpfner und Thomas Ebeling, Vorstandschef von ProSiebenSat1.

Sprechen über einen Zusammenschluss: Springer-Chef Mathias Döpfner und Thomas Ebeling, Vorstandschef von ProSiebenSat1.

Foto: dpa

Die beiden Partner in spe schweigen zur angeblichen Medienhochzeit eisern. "Es gibt solche Absichten", zitiert dagegen die Nachrichtenagentur Reuters einen Insider. Die Gespräche liefen mit Wissen von Verlegererbin Friede Springer, seien in einem frühen Stadium und dürften sich noch eher Monate als Wochen hinziehen.

Es wäre der zweite Anlauf zu einer Konzernehe beider Medienhäuser. 2006 wollte Springer für 2,5 Milliarden Euro die mühsam der Kirch-Pleite entronnene TV-Gruppe kaufen. Die Hamburger sind damals am Einspruch des Bundeskartellamts und der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) gescheitert. Zumindest das KEK-Veto wurde aber zu Unrecht eingelegt, hat voriges Jahr das Bundesverwaltungsgericht geurteilt und eine Verschmelzung von Springer mit ProSiebenSat1 nachträglich als medienrechtlich unbedenklich eingestuft.

Das betrifft allerdings die Verhältnisse von 2006, und die haben sich im vergangenen Jahrzehnt in mehrerlei Hinsicht massiv geändert. Zum einen wären die Münchner heute in einer solchen Konstellation nicht mehr der Juniorpartner, zum anderen stehen beide Medienhäuser in einem fundamentalen Wandel und Umbruch.

Gemessen am Marktwert von rund zehn Milliarden Euro hätte ProSiebenSat1 heute das Sagen. Springer kommt nur auf die Hälfte. Beim Umsatz rangieren beide im Aktienindex M-Dax notierten Konzerne mit je rund drei Milliarden Euro auf Augenhöhe. Profitabler sind die Bayern. Börsianer reagierten auf die Fusionsaussichten begeistert mit Aktienaufschlägen von jeweils mehreren Prozent, vor allem für das Springer-Papier.

Völlig offen ist, wie Kartellbehörden das Techtelmechtel sehen. Angemeldet ist noch nichts. Das jüngste und für eine Fusion sprechende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist kein Maßstab mehr, sagen Experten. Springer hat zuletzt den Großteil seiner Zeitungen an die Funke-Gruppe verkauft, ist mit "Bild" und "Welt" aber immer noch eine Macht in der Printbranche. Zugleich drängen die Hamburger wie sonst kein deutscher Zeitungsverlag ins Internet. "In Europa gibt es im Digital-Geschäft keinen größeren Verlag als Axel Springer", hatte Konzernchef Mathias Döpfner zuletzt stolz verkündet. Dort trifft er immer öfter auf Kollegen von ProSiebenSat1.

Denn auch die Münchner TV-Gruppe hat die Zeichen der Zeit erkannt und auf zunehmende Konkurrenz im traditionellen Stammgeschäft mit einer Flucht ins Internet reagiert. Zuletzt ließ Konzernchef Thomas Ebeling das Vergleichsportal Verivox kaufen. So wie das Internet traditionelle Springer-Printmedien unter Druck setzt, machen ProSiebenSat1 Online-Bibiotheken wie Netflix zu schaffen. Strategisch hätte eine Fusion beider Medienhäuser also einigen Sinn.

Von Print über TV bis zu Online-Portalen entstünde eine Marktmacht bislang unbekannten Ausmaßes, was das Kartellamt auf den Plan rufen muss. "Die Kartellbehörden prüfen Zusammenschlüsse in der Medienbranche sehr akribisch", betont Marktanalyst Heino Ruhland. Andererseits hat gerade das Internet den relevanten Markt massiv verändert. Online konkurrieren Medien nun weltweit.

Unterdessen teilte der Springer-Konzern gestern mit, dass der Nachrichtensender N24 künftig "Welt" heißen soll. Der Sendername werde geändert, um alle Angebote und Produkte der Welt-Gruppe unter einem gemeinsamen Markendach zusammenzufassen, erklärte Springer in Berlin. Springer hatte N24 Ende 2013 übernommen und angekündigt, den Sender mit der Gruppe um die Tageszeitung "Die Welt" zusammenzuführen.

Ziel sei es, "digitales Leitmedium für Qualitätsjournalismus" zu werden. Das gemeinsame Markendach sei dafür eine wichtige Voraussetzung, erklärte Axel Springer.

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