Nach Mord an Polizist Mathias Vieth Landgericht schließt die Akte Polizistenmord

AUGSBURG · Es war ein extrem brutaler Mord an einem Polizisten. Solche Gewalt kennen Menschen sonst nur aus Filmen. Nun legt die Augsburger Justiz den Fall zu den Akten. Auch der zweite Täter ist verurteilt, doch Karlsruhe wird sich damit noch beschäftigen.

 Ein Foto des ermordeten Polizisten Mathias Vieth steht im November 2011 im Mariendom von Augsburg (Bayern).

Ein Foto des ermordeten Polizisten Mathias Vieth steht im November 2011 im Mariendom von Augsburg (Bayern).

Foto: dpa

Mehr als zwei Jahre dauerte das Verfahren. Nun hat das Augsburger Landgericht den Schlussstrich unter den Fall des ermordeten Polizisten Mathias Vieth gezogen. Zwei Brüder haben wegen des Verbrechens eine lebenslange Gefängnisstrafe bekommen.

Am Donnerstag wurde ein 61-Jähriger wegen Mordes verurteilt. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest, so dass der Mann wohl erst in mehr als 20 Jahren eine Chance auf Freilassung hat. Im Unterschied zu seinem jüngeren Bruder wurde allerdings nicht die Sicherungsverwahrung nach der Haft angeordnet. Der 59-Jährige war bereits vor einem Jahr verurteilt worden.

Die beiden Brüder hatten den 41-jährigen Polizisten in einer nebligen Oktobernacht 2011 mit zahlreichen Schüssen umgebracht. Zunächst wollte Vieth mit seiner Streifenkollegin die mit Schnellfeuergewehren bewaffneten Brüder kontrollieren. Auf einem Parkplatz bereiteten die Männer vermutlichen einen Raubüberfall vor, ähnliche Taten hatten sie auf äußerst brutale Weise in der Vergangenheit mehrfach begangen. Es folgten eine wilde Verfolgungsjagd durch das nächtliche Augsburg und eine Schießerei im Stadtwald. Vieth starb im Kugelhagel, seine Kollegin überlebte mit viel Glück und hatte nur einen Streifschuss.

Die Täter entkamen zunächst unerkannt, und die Bevölkerung reagierte schockiert. Es folgte eine extrem aufwendige Mordermittlung der Augsburger Kripo, des Bayerischen Landeskriminalamts und des Bundeskriminalamts. Es wurde eine 100 000 Euro hohe Belohnung ausgesetzt, nach zwei Monaten wurden die Brüder gefasst.

Bis zum Schluss schwiegen sie zu den Vorwürfen oder wiesen alles als Märchen zurück. Doch es gab etliche Indizien besonders gegen den 61-Jährigen. Im Bereich des Tatorts wurde seine DNA entdeckt und die Brüder hatten eine Tasche, an der Vieths Blutspuren waren.

Der jüngere Bruder hatte bereits vor vier Jahrzehnten bei Augsburg einen Polizisten erschossen und dafür schon zuvor 20 Jahre im Gefängnis gesessen. Deswegen ordnete die Strafkammer für ihn auch die Sicherungsverwahrung an.

Die Verwahrung hatte die Staatsanwaltschaft auch für den 61-Jährigen gefordert, konnte sich aber damit nicht durchsetzen. Der Vorsitzende Richter Christoph Wiesner begründete dies damit, dass der ältere Bruder nicht bereits zwei Polizisten ermordet habe. Er sei zwar auch ein äußerst gefährlicher Gewaltverbrecher, aber deswegen könne er nicht mit dem Charakter seines Bruders gleichgesetzt werden. Außerdem verwies Wiesner auf die Parkinson-Erkrankung des 61-Jährigen. Diese führte dazu, dass der Angeklagte nicht bereits im ersten Prozess verurteilt werden konnte. Das Gericht musste nach einer Unterbrechung ein zweites Mal gegen den Mann verhandeln.

Nachdem es im ersten Prozess viele ungeplante Verzögerungen gab, lief das zweite Verfahren ohne Probleme. Zum Schluss hatten sogar die beiden Verteidiger resigniert. Während sie vor und am Anfang des Prozesses noch eine ganze Salve von Befangenheitsanträgen gegen die Richter abgefeuert haben, machten sie es am letzten Tag kurz. Das Verteidigerplädoyer war nach wenigen Minuten beendet, es gab überhaupt keine Ausführungen zu den angeklagten Verbrechen mehr.

Die Anwälte meinten, das Urteil stehe doch eh schon fest. "Das Verfahren war längst gelaufen, bevor wir hier angefangen haben", warf Rechtsanwalt Adam Ahmed der Kammer vor. Zum Urteil erschien Ahmed dann gar nicht mehr, was den Kammervorsitzenden zu einem heftigen Gegenangriff bewog: Ahmed habe "nicht den Mumm", sich der Gegenrede zu stellen, kanzelte Wiesner den nicht anwesenden Anwalt ab. Der zweite Verteidiger Werner Ruisinger kündigte eine Revision beim Bundesgerichtshof an: "Das muss jetzt Karlsruhe klären."

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