Volksnahes geistliches Oberhaupt Kommt ein Papst zum Optiker

ROM · Vor Monaten hatte er diese Sehnsucht bereits angedeutet. Einmal eine Pizza essen, ganz normal auf der Piazza. Das war der sehnlichste und bisher unerfüllt gebliebene Wunsch von Papst Franziskus. Einen kleinen Ausflug in den Alltag hat Jorge Mario Bergoglio jetzt immerhin Zustande gebracht.

Am Donnerstag, kurz vor Geschäftsschluss, fuhr der Papst im blauen Ford mit Chauffeur, aber ohne Leibwächter beim Optiker in Rom vor und betrat den acht Quadratmeter großen Laden von Alessandro Spiezia gleich hinter der Piazza del Popolo.

Während sich Schaulustige exklusive Plätze des Spektakels sicherten, ließ sich der in jedem Fall klinisch weitsichtige Pontifex drinnen den Augenabstand messen. Ein neues Gestell wollte er aber nicht. "Zu teuer", sagte Franziskus und ließ neue Gleitsichtgläser bestellen. Eine Feststellung, die ihm aus der Kurie gewiss den Vorwurf der Entzauberung des Papsttums einbringen wird. Übel könnte Traditionalisten auch aufstoßen, dass sich der Papst es verbat, den Optiker im Vatikan zu empfangen. Selbst ist heutzutage der Pontifex. Der in seiner jüngsten Enzyklika aufgestellten Maxime von Nachhaltigkeit und ökologischer Umkehr kam Franziskus mit der Wiederverwertung des alten Gestells allerdings nach.

Die Sehschärfe des Oberhauptes der Katholiken habe sich minimal verschlechtert, ließ der geschmeichelte Optiker wissen, der schon Benedikt XVI., Federico Fellini und Marcello Mastroianni mit Sehhilfen versorgte. Ob die illustren Kunden ebenso auf der Bezahlung bestanden wie Franziskus, dessen Augen die Welt bald durch die frischen Gläser eines Herstellers von der Schwäbischen Alb hindurch erspähen wird, ist nicht bekannt. Aber die Legende vom normalen Papst ist nun um eine weitere Episode reicher.

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