Internet-Börse für Kleidung Kleiderkreisel führt Gebühren ein - und erntet einen Shitstorm

BONN · Die Internet-Börse Kleiderkreisel.de kündigt die Einführung von Gebühren auf die Transaktionen ein - und löst damit große Wut bei den Nutzern aus. Die Konkurrenz profitiert davon.

Ein Flohmarkt im Internet: Auf der Plattform Kleiderkreisel.de kann jeder seine Kleidung, Schuhe und Accessoires einstellen und verkaufen, verschenken oder tauschen. Damit ist die Internet-Börse auf einen Trend zu Vintage- beziehungsweise Second-Hand-Kleidung aufgesprungen - mit großem Erfolg.

Mittlerweile über 2,6 Millionen Nutzer nutzen das Angebot der Website, über 12 Millionen Artikel werden dort angeboten. Das Anmelden funktioniert über Facebook, das Einstellen und Verkaufen ist selbsterklärend - das zieht auch viele junge Kundinnen an, die sich ihr Taschengeld aufbessern oder günstige gebrauchte Kleidung kaufen. Kleiderkreisel ist vor allem auch beliebt, weil die Nutzung des Systems bisher kostenfrei war.

Doch das wird sich nun ändern. Jüngst hat Kleiderkreisel.de angekündigt, ein neues Bezahlsystem einzuführen und von nun an auf Transaktionen zehn Prozent zu erheben, wenn die "Kreisler" dieses nutzen. "Käufer können aber weiterhin umsonst einkaufen - der Kauf ist dann allerdings nicht versichert", so Kleiderkreisel. "Wir wollen mit der Gebühr vor allem für mehr Sicherheit sorgen und haben es gut gemeint", verteidigt sich das Unternehmen heute.

Kleiderkreisel lagert Geld zwischen

Konkret soll das Bezahlsystem gegen Betrug helfen. Kunden müssen damit ihre Bankdaten nicht mehr über eine Nachricht austauschen, sondern sie an Kleiderkreisel geben. "Mitglieder, die das Bezahlsystem nutzen, können ihre Sendung verfolgen und wir erstatten ihnen das Geld, wenn ein Artikel nicht ankommt", so Kleiderkreisel.

Sicherer soll das deshalb sein, weil ein Käufer zunächst das Geld überweist - es aber nicht direkt beim Verkäufer ankommt. Es wird bei Kleiderkreisel "zwischengelagert" und erst überwiesen, sobald der Käufer angibt, dass der Artikel angekommen ist.

In einer offiziellen Mitteilung im Forum der Seite heißt es außerdem, dass das Bezahlsystem in den USA und Großbritannien bereits umgesetzt und erfolgreich sei. "Mitglieder waren zunächst enttäuscht über die Einführung von Gebühren. Nach einiger Zeit wurden aber die Vorteile klar", so Kleiderkreisel.

Für die Mitglieder sind die noch nicht ersichtlich. So organisierten sie sich in den Foren der Website zu einem Shitstorm gegen dieselbige auf Twitter. Unter dem #Kommerzkreisel äußern sich viele kritisch. Auch eine Online-Petition haben die Mitglieder gestartet. Ihr haben sich mittlerweile über 11.000 Menschen angeschlossen.

So reagieren die Twitter-Nutzer auf die Gebühr

Kleiderkreisel.de ist nicht das erste Unternehmen, dass nach einer Zeit der kostenfreien Nutzung Gebühren einführt. Nach eigenen Angaben werden bei Kleiderkreisel bislang zwanzig Prozent durch Werbung, der Rest durch Investorengelder finanziert. "Wir hoffen, uns auf lange Sicht mit dem Bezahlsystem selbst finanzieren zu können", so Kleiderkreisel. Im April vergangenen Jahres hatte auch Mitfahrgelegenheit.de Gebühren eingeführt - das hatte zur Folge, dass viele Nutzer zu anderen Websites wie Blablacar.de oder bessermitfahren.de abgewandert waren.

Mitgliederanstieg bei Kleiderkorb.de

Das droht nun auch Kleiderkreisel: So verzeichnet die Website Kleiderkorb.de in den vergangenen Tagen einen rasanten Mitgliederanstieg: "Seit Kleiderkreisel angekündigt hat, Gebühren einzuführen, haben wir 20.000 neue Mitglieder dazubekommen", sagt Faruk Elem von Kleiderkorb. Das seien acht- bis neunmal so viele Mitglieder wie sonst im gleichen Zeitraum, insgesamt hat die Seite nun rund 60.000 Mitglieder.

Auch die Website Mädchenflohmarkt.de merkt, dass Kunden überwandern. "Viele schreiben in ihren Profilen Sätze wie 'Tschüss Kleiderkreisel, hallo Mädchenflohmarkt", sagt Thorsten Lückemeier, Geschäftsführer von Mädchenflohmarkt. Interessant dabei: Auch Mädchenflohmarkt erhebt zehn Prozent Gebühren - hat das aber von vorneherein kommuniziert. "Wir haben pro Tag einen etwa dreistelligen Mitglieder-Zuwachs - das liegt aber nicht allein an Kleiderkreisel", so Lückemeier. Kleiderkreisel hatte Gebühren vor der aktuellen Mitteilung nicht thematisiert und auch deshalb viel Wut ausgelöst.

Doch obwohl Seiten wie Kleiderkorb oder Mädchenflohmarkt profitieren werden, hat Kleiderkreisel einen entscheidenden Vorteil: Die Menge an Mitgliedern. Denn mit 12 Millionen Artikeln hat die Seite ein sehr breites Angebot, das auch weiterhin viele Kunden anziehen wird.

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