Stuhl weggezogen Gericht lässt Schüler nach Streich laufen

HANNOVER · Er zog seinem Mitschüler den Stuhl weg und landete deshalb vor Amtsgericht Hannover. Dort ist ein heute 17-Jähriger am Dienstag jedoch ohne ein Schmerzensgeld an seinen früheren Klassenkameraden davongekommen.

 Das Gericht ließ den Schüler nach dem Streich laufen.

Das Gericht ließ den Schüler nach dem Streich laufen.

Foto: Symbolfoto: dpa

Das Amtsgericht Hannover wies dieKlage des Opfers ab, weil Kinder für Neckereien untereinander imKlassenzimmer in der Regel nicht haften müssen. So habe derBundesgerichtshofs ähnliche Fälle entschieden.

"Das ist kein Freifahrtschein, dass man sich in der Schule prügelndarf", betonte die Richterin Catharina Schwind. Nach Schulunfällenhat eine Zivilklage Aussicht auf Erfolg, wenn dem Verursacher Vorsatznachzuweisen ist. Der Vorsatz muss sich der Richterin zufolge abernicht nur aufs Wegziehen des Stuhls, sondern auch auf diegesundheitlichen Folgen beziehen. Im aktuellen Fall liege keinVorsatz vor, sagte Schwind.

Der heute 17-Jährige hatte in der neunten Klasse seinem Sitznachbarnden Stuhl weggezogen. Dieser fiel auf sein Steißbein, schlug mit demKopf auf und erlitt Prellungen sowie Blutergüsse. Weil das Opferunter der Bluterkrankheit leidet, wurde der Junge anschließend dreiTage im Krankenhaus beobachtet. Da er monatelang unter Schmerzenlitt, verklagte er den Stuhlwegzieher auf 1400 Euro Schmerzensgeld.

Die beiden früheren Klassenkameraden einer Realschule in Hannoverwaren nicht zur Verhandlung erschienen, sondern ließen sich von ihrenAnwälten vertreten. Auch Zeugen waren nicht geladen. Unstrittig ist,dass der damals 15-Jährige im März 2013 seinem Mitschüler kurz vorUnterrichtsbeginn den Stuhl wegzog.

Der auf den Boden gefallene Junge konnte nach Darstellung seinesAnwalt Thomas Kräft nicht mehr aufstehen und wurde deshalb mit einemRettungswagen in die Medizinische Hochschule Hannover gebracht. EinenOsterurlaub habe er absagen müssen, weil er lange Zeit nur habestehen und liegen können. Kräft sagte zum erfolglosen Ausgang derKlage: "Wir hatten das befürchtet." Jetzt werde er mit seinemMandanten prüfen, ob sie Berufung einlegen.

Der Mitschüler habe von der Vorerkrankung des 15-Jährigen gewusst undmit Vorsatz gehandelt, ist Kräft überzeugt. Dagegen beteuerte derRechtsanwalt des Stuhlwegziehers, Jens Tietgens: "Er hat sich danachsofort entschuldigt. Er hat auch nicht gewusst, dass sein Mitschülerunter der Bluterkrankheit leidet."

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