Festnahme Ein Guru als Volksverhetzer

BANGKOK · Die rechte Hand erhoben, der Zeigefinger berührt den Daumen - der selbst ernannte Heilige Sant Rampal gibt selbst bei seiner Festnahme in der Nacht zum Donnerstag den Gottesmann.

 In Polizeigewahrsam: Rampal nach seiner Festnahme.

In Polizeigewahrsam: Rampal nach seiner Festnahme.

Foto: AP

Getreu seiner eigenen Lehre: "Man muss den Charakter eines großen Guru verstehen, um Heilige und vermeintliche Heilige zu unterscheiden."

Am Mittwochabend sah der 63-Jährige nach der Festnahme fast so zersaust aus wie die Umgebung seines festungsähnlichen Ashrams in dem Ort Hisar nach zweiwöchiger Belagerung durch die Polizei. Kaum jemand in Indien kannte den Guru außerhalb seiner Heimat im Bundesstaat Haryana, bevor er sich in den Augen des Gesetzes vom Gottesmann zum Aufrührer wandelte.

Indiens Polizei, die Rampal lange mit Samthandschuhen angefasst hatte, zeigte ihn gestern wegen Aufwiegelung und Volksverhetzung an. Schließlich starben während der Auseinandersetzungen sechs Menschen. 500 Anhänger des einstigen Ingenieurs wurden verhaftet, nahezu 1000 Personen erlitten Verletzungen.

Viele waren Frauen und Kinder, die von Rampals 300 sogenannten Ashram-Kommandos als menschliche Schilde missbraucht wurden. Umgeben von rund 15 000 Anhängern, hatte der Guru wohl geglaubt, wie in den vergangenen acht Jahren dem Arm des Gesetzes entkommen zu können.

"Manche Kultführer erliegen der Versuchung, selbst zu glauben, was sie ihren fanatischen Anhängern erzählen", schrieb die indische Tageszeitung "The Hindu" über den Guru. Er fühlte sich in seinem Tempel sicher, weil die Polizei ihn seit 2006 in Ruhe gelassen hatte. Dabei hielt der heilige Mann es 42-mal für unnötig, Vorladungen eines Gerichts zu folgen. Gegen Rampal läuft ein Verfahren, weil eine Person bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und den Leuten eines anderen Sektenführers getötet wurde.

Rampal, der es als Beamter nicht weit brachte, betrachtet sich als Wiedergeburt des Sufi-Dichters Kabir aus dem 16. Jahrhundert. Er sieht sich als Verkörperung eines einzigen Gottes für Hindus, Moslems und andere Religionen und leitet daraus das Recht ab, Führer der unzähligen anderen Kulte Indiens öffentlich heftig zu attackieren und zu beschimpfen. Dabei hatte er die Rechnung ohne ein Gericht gemacht, das schließlich die Festnahme und Vorführung des Gurus anordnete. Mit seinem Starrsinn hoffte der kleine, unbedeutende Kultchef, Ruhm und neue Anhänger zu gewinnen.

Stattdessen brachte er seine Freunde in Verlegenheit. Erst im Oktober war bei Bundesstaatswahlen die hindunationalistische "Bharitya Janata Party" von Premierminister Narendra Modi in Haryana an die Macht gekommen. Der neue Ministerpräsident siegte mit Hilfe der "Dera", wie die Sekten des Bundesstaats genannt werden. Tatenlos sahen die regionalen Minister zu, wie Rampal Anhänger mobilisierte. Jetzt belagert die Opposition die Bundesstaatsregierung und wirft ihr vor, die Kultführer der Region vor dem Gesetz zu schützen.

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