Diskriminierung von Muslima in US-Flugzeug "Du bist ein Muslim, du hast das Maul zu halten"

WASHINGTON · Islamfeindlichkeit über den Wolken oder ein unglückseliges Missverständnis? Als Kundin mit Premium-Vielflieger-Status bei "United Airlines" glaubte Tahera Ahmad ihren Ohren nicht zu trauen.

Die 31-jährige Muslima, Kopftuchträgerin und bekannte Religionsvermittlerin an der Northwestern University in Chicago, war auf dem Flug zu einer Tagung in Washington, als sie der Durst überkam. Allein, die Stewardess schlug ihre Bitte nach einer aus Sorge vor Bakterien-Übertragung ungeöffneten "Cola light" aus. Begründung: Sie könne die Dose ja schließlich als Waffe einsetzen. Wie bitte?

Als die Service-Kraft kurz danach mit zweierlei Maß zu Werke ging und Ahmads Nebenmann eine ungeöffnete Dose Bier überreichte, eskalierte der Disput und geriet via Facebook mit weitreichenden Folgen in die Welt. Tahera Ahmad beschwerte sich lautstark über die Ungleichbehandlung.

Worauf sich ein anderer Passagier einmischte: "Du bist ein Muslim, du hast verdammt noch mal das Maul zu halten." Entsetzt suchte Ahmad nach Beistand von anderen Mitreisenden. Fehlanzeige.

Über die sozialen Netzwerke ließ die Muslima noch an Bord ihrer Enttäuschung über die hässliche Episode freien Lauf und sprach davon, sie sei "erniedrigt" worden. Im notorisch leicht erregbaren Internet formierte sich eine Unterstützergemeinde, die zügig mit Boykott-Aufrufen hantierte. United musste reagieren.

Sprecher Charles Hobart versuchte sich in Schadensbegrenzung. Es habe sich um ein "Missverständnis" gehandelt, sagte er. Nach der Panne, die man zutiefst bedaure, sei mehrfach versucht worden, Frau Ahmads Wunsch nach einer hygienisch unbedenklichen Getränkedose zu erfüllen.

Auch habe sich der Pilot nach der Landung am Washingtoner Ronald-Reagan-Flughafen persönlich entschuldigt und sie selbst zum Beschwerde-Schalter begleitet. Ahmad reagierte unversöhnlich: "Ich habe keine schriftliche Entschuldigung für den Schmerz erhalten, den ich erfahren habe", schrieb sie. "Hier geht es nicht um eine Dose Cola."

Tahera Ahmad genießt seit Besuchen im Weißen Haus, wo sie zuletzt wegen ihrer Dialog stiftenden Rolle zwischen den Religionen von Präsident Obama ausgezeichnet wurde, den Status einer Vorzeige-Muslima. US-Medien griffen den Fall auf und stellten vorsichtig die Frage, ob es sich um Auswüchse einer wachsenden Islamfeindlichkeit handele.

Dass unbescholtene Bürger in Amerika unter Pauschalverdacht gestellt werden, gehört zu den Kollateralschäden der Terrorismusbekämpfung, an die sich die USA nach den Anschlägen vom 11. September gewöhnt haben.

Zigtausende Menschen stehen ohne öffentlich einsehbare Angaben von Gründen auf No-Fly-Listen der Geheimdienste, die US-Fluggesellschaften den Transport bestimmter Passagiere verbieten. Dass darunter überproportional viele Muslime sind, haben Medien bestätigt.

Für Tahera Ahmad, geboren in Indien, aufgewachsen in Illinois, kam die Diskriminierung aus heiterem Himmel. 2001, kurz nach den Attentaten, hatte man ihr das Kopftuch heruntergerissen. Dass sie 14 Jahre später eines Anschlag mit einer Cola-Dose verdächtigt würde, hätte sie "schlicht nicht für möglich gehalten".

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