Die Moralabteilung im Gehirn

BONN · Immanuel Kant mit seinem Kategorischen Imperativ ("Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde"), überhaupt die Ethik als Teil der Philosophie - alles Verbrämung für chemische Reaktionen im Gehirn.

Das ist, zugespitzt, die Nachricht, die hinter einer Mitteilung der Bonner Universität steht. Denn: Die Wissenschaft hat festgestellt, dass ein Teil des Gehirns, nämlich der dorsolaterale präfrontale Kortex, für normgeleitetes Verhalten beim Menschen sorgt. Wird diese Gehirnregion durch ein spezielles Gerät vorübergehend abgeschaltet, dann verhalten sich die Menschen egoistisch, selbst wenn sie dafür bestraft werden.

Das ermittelten Professor Bernd Weber und seine Mitarbeiterin Sabrina Strang vom Center for Economics and Neuroscience der Bonner Universität gemeinsam mit Kollegen aus Maastricht. Bei einem Versuch sollten "Diktatoren" entscheiden, wie viel von einem Geldbetrag sie einem Mitspieler abgeben.

War es diesem nicht genug, konnte er eine Geldstrafe verhängen. Die "Diktatoren" mit inaktivem dorsolateralen präfrontalen Kortex behielten trotzdem eine unangemessen hohe Summe. Sprich: Ohne besagte Hirnregion haben die Menschen ihr asoziales Verhalten nicht im Griff; sie können sich selbst dann nicht fair verhalten, wenn sie sich damit schaden, moralisches Verhalten also strategisch sinnvoll wäre.

Schlimm genug, dass Moral also nichts Edles mehr sein soll, sondern bloße Gehirnchemie. Der logische Schritt zwei ist dann aber die reinste Horror-Science-Fiction. Kann man Menschen per Klick ins Hirn zu moralischem Verhalten zwingen? Nein, sagen die Forscher: Noch nicht.

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