Im Rampenlicht Besucher als Star in der Schau "Paparazzi!"

Metz · Mit der Ausstellung "Paparazzi!" beleuchtet das Centre Pompidou Metz das Phänomen der "Bilderjäger". Fotografen geben Einblicke in ihre Arbeit.

 Streckt dem Bilderjäger die Zunge heraus: Kate Moss, Fashion Week Paris 1992.

Streckt dem Bilderjäger die Zunge heraus: Kate Moss, Fashion Week Paris 1992.

Foto: Bruno Mouron/Agence Sphinx

Die Meute wartet schon. Drängt sich um die Treppe, die vom Flugzeugausgang auf den Boden führt, reckt die Kameras gierig nach oben, so dass das Blitzlichtgewitter derjenigen direkt ins Gesicht springen muss, die gleich herauskommen wird. Doch Anita Ekberg ist vorbereitet: In strahlender Diven-Pose lässt sich der schwedische Filmstar 1959 ablichten. Ein Jahr später hingegen trat sie einem Fotografen, der ihr im Morgengrauen auflauerte, nur in Nylonstrümpfen, aber bewaffnet mit Pfeil und Bogen entgegen. Ein anderer hielt die dramatische Szene fest.

Stars und Sternchen leben zwar vom Rampenlicht und ihrer Medienpräsenz - aber ertragen oft schwer die Kehrseite: die permanente Verfolge, den Verlust der Kontrolle über ihr Bild und ihre Privatsphäre. Selbst in ihrem eigenen Haus, wie im Fall von Brigitte Bardot, der die Justiz den Bau einer schützenden Mauer um ihr Anwesen in Saint-Tropez bis zum Strand erlaubte. Was die Fotografen mit Schildern protestieren ließ: "B.B., erinnere dich an deine Anfänge".

Die Beziehung zwischen Jäger und Gejagten ist eine komplexe Hassliebe, in der man einander braucht und verachtet, manipuliert und benutzt. Dabei spielen die Medien ebenso eine Rolle wie deren Nutzer, die zu Voyeuren werden. Das Centre Pompidou Metz, die Außenstelle des gleichnamigen Pariser Museums für zeitgenössische Kunst, widmet sich dem Phänomen in der Ausstellung "Paparazzi!" mit 600 Werken, Fotos, Videos, Gemälden und Installationen. Es zeichnet die Entwicklung des Metiers im Laufe der Jahrzehnte nach, mit immer ausgefeilterer Technik, dem Aufstieg der Boulevard-Presse und der Beschleunigung durch das Internet.

Beim Betreten der Schau schlüpft der Besucher zunächst in die Haut eines Stars beim Gang über den roten Teppich: Mit Zurufen, sich drehenden Mikrofonen und Blitzlichtgewitter begrüßt ihn die Installation "Interview (Paparazzi)" von Malachi Farrell. Später nimmt er die Perspektive jener ein, die oft als negatives Gegenbild der bewunderten Kriegsberichterstatter gelten, als "Antihelden" ohne Moral und Skrupel.

Zu Recht? In Video-Interviews geben berühmte Paparazzi Einblick in ihre Arbeit: das stundenlange Ausharren, die plötzliche Hektik beim Auftauchen des Objekts der Begierde, die Jagd nach dem Schnappschuss. Wer ins Showbusiness eintrete, gehe einen Pakt mit dem Teufel ein, sagt einer. "Und ich bin der Assistent des Teufels."

Meist sind die Jäger Männer und die Gejagten Frauen, als Verkörperungen der Weiblichkeit ihrer Zeit: von Brigitte Bardot über Elizabeth Taylor bis hin zu Britney Spears und Paris Hilton - diesem It-Girl einer Zeit, in der man auch ohne erkennbare Leistung berühmt werden kann. Viele Künstler wie Andy Warhol, Paul McCarthy, Gerhard Richter oder Cindy Sherman ließen sich von dem ständigen Widerstreit zwischen Licht und Schatten inspirieren, auch deren Werke werden gezeigt.

Es geht um den Justiz-Kampf von Caroline und Stéphanie von Monaco um ihre Privatsphäre, die Skandalfotos der jungen Witwe Jackie Kennedy beim Sonnenbad und die scharfen Vorwürfe gegen Paparazzi nach dem Tod von Lady Diana nach einer Verfolgungsjagd in Paris.

Doch nicht immer sind die Berühmtheiten nur passive Opfer. Sie können die Fotografen als Komplizen einsetzen wie Sophia Loren, die sich so im Gespräch hielt. "Wir ergreifen nicht Partei", erklärt Kurator Clément Chéroux. "Das ist keine Ausstellung, die auf die Aktualität aufspringt."

Und doch verhalf ihr in Frankreich gerade diese zu großer Aufmerksamkeit, fiel ihre Eröffnung doch mit dem Aufdecken der heimlichen Liebschaft von François Hollande mit der Schauspielerin Julie Gayet durch den Paparazzo Sébastien Valiela zusammen. Die Fotos vom Präsidenten auf dem Roller werden zwar nicht gezeigt - aber sie beweisen die Wucht, die heimliche Schnappschüsse bis heute haben können.

Bis 9. Juni im Centre Pompidou Metz (Lothringen). Täglich außer dienstags und am 1. Mai. Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 11 bis 18 Uhr. Samstag von 10 bis 20 Uhr. Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Von 27. Juni bis 12. Oktober wird die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main gezeigt.

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