Allein auf hoher See Angler trieb 27 Stunden hilflos über die Ostsee

Kühlungsborn · 27 Stunden treibt ein Angler auf einem kleinen Boot bei eisigem Wind in der Ostsee - ohne Antrieb, ohne Handy. Ein Putzlappen rettet ihm das Leben.

 In diesem kleinen Motorboot trieb der Angler nach einem Motorschaden 27 Stunden auf der Ostsee.

In diesem kleinen Motorboot trieb der Angler nach einem Motorschaden 27 Stunden auf der Ostsee.

Foto: dpa

Er muss gleich mehrere Schutzengel gehabt haben: Ein 29 Jahre alter Angler geriet auf einem nur drei Meter langen Motorboot auf der Ostsee nördlich von Kühlungsborn in Seenot. Er treib eine Ewigkeit von 27 Stunden hilflos auf hoher See, bei eisigem Wind und Temperaturen um zwei Grad, und sichtete am Montagnachmittag schließlich die Marine-Korvette "Braunschweig". Beim Versuch, aufzustehen und mit einem roten Putztuch zu winken, fiel er dann auch noch ins zwölf Grad kalte Wasser - konnte sich aber wieder in sein Boot retten.

"Wir haben ein kleines Motorboot gesehen mit einer Person an Bord, die eine rote Flagge geschwenkt hat", schildert der Kommandant der "Braunschweig", Ronny Bergner, die Szene. Ohne den Putzlappen, den er an seiner Angel befestigt hatte, wäre er wegen des Seegangs wohl nicht bemerkt worden. Sofort ließ die Korvette ein Speedboot mit drei Soldaten zu Wasser, der unterkühlte Mann wurde an Bord geholt.

Boot verlor Propeller

"Er war ansprechbar und bei Kräften", sagt der 39-jährige Bergner, der in dieser Funktion am Montag seinen ersten Seetag hatte. "Der Mann hat so viel Pech gehabt, was am Ende durch die glückliche Rettung wieder ausgeglichen wurde."

Der Mann, der den Angaben der Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zufolge in Rostock Nautik studiert, hatte viele Schutzengel. Am Sonntagmittag war er hinausgefahren, um Dorsch zu angeln. Vor der Küste habe der Außenborder den Propeller verloren und war von da an manövrierunfähig. Der Akku seines Mobiltelefons war leer, Seenotrettungssignale waren nicht an Bord.

Angler trieb 35 Kilometer weit

So trieb er über Nacht und den Montagvormittag insgesamt rund 35 Kilometer und harrte in der Hoffnung aus, dass ihn jemand sieht. "Er hatte bestimmt die ganze Zeit Angst um sein Leben", vermutet der Kapitän des Seenotrettungsbootes "Crempe", Rainer Kulack. Die Korvette hatte die "Crempe" zur Unterstützung gerufen.

Als der Mann an Bord des Bootes war, habe er erst einen ganz guten Eindruck gemacht. Als aber die Wirkung des Adrenalins nachließ, sei er apathisch geworden. "Dann lässt der Körper alles sacken, und die ganze Energie ist schlagartig weg. Dann geraten die Menschen noch einmal in Lebensgefahr", schildert der 60-jährige Kulack die klassischen Symptome, die bei vielen Geretteten auftreten.

Nach einer ambulanten Behandlung in einer Klinik wurde der Angler nach Hause entlassen. Klar ist nach Kulacks Einschätzung: "Wenn er nicht so fit wäre, hätte er das nicht überlebt."

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