Verdi gegen Amazon: Streik-Höhepunkt vor Weihnachten

Bad Hersfeld · Kurz vor Weihnachten steuert der Tarifstreit zwischen Verdi und Amazon auf einen vorläufigen Höhepunkt zu. Die Gewerkschaft hat ihren Streik verlängert, der Online-Riese gibt sich weiter betont gelassen.

 Der Tarifstreit der Gewerkschaft Verdi mit dem Versandhändler Amazon spitzt sich zu. Foto: Uwe Zucchi

Der Tarifstreit der Gewerkschaft Verdi mit dem Versandhändler Amazon spitzt sich zu. Foto: Uwe Zucchi

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Worum geht es in dem festgefahrenen Konflikt eigentlich?

Verdi will bei Amazon einen Tarifvertrag zu den Konditionen des Einzelhandels durchsetzen. Amazon lehnt das strikt ab. Der US-Konzern sieht sich als Logistiker und betont, die Bezahlung der Mitarbeiter in den deutschen Versandlagern liege am oberen Ende dessen, was in der Logistik-Branche üblich sei.

Wie breit ist die Streikfront?

Mittlerweile beteiligen sich sechs von neun Versandstandorten bundesweit an den Protesten - drei mehr als Ende 2013. Doch der US-Konzern will sich nach wie vor nicht auf Tarifgespräche einlassen. Bei Amazon arbeiten aktuell rund 10 000 Festangestellte und noch einmal mehr als 10 000 Aushilfen. An den Streiks beteiligten sich zuletzt nach Gewerkschaftsangaben bis zu 2600 Mitarbeiter.

Wie reagiert Amazon auf die inzwischen verlängerten Streiks?

Mit demonstrativer Gelassenheit. Allen Protesten zum Trotz verlängerte Amazon sogar seine Bestellfrist für den Standardversand. Der Versandhändler garantiert eine pünktliche Lieferung bis Heiligabend für Ware, die bis zum kommenden Montag um 12 Uhr geordert wird. Bislang galt das nur für Bestellungen bis Sonntagabend. Mit dem Premium- und Expressversand sind kurzfristigere Bestellungen möglich.

Wie gelingt es Amazon, trotz der Streiks sein Geschäft zu bewältigen?

Amazon verweist auf sein europäisches Netzwerk mit 28 Standorten in sieben Ländern. In diesem Jahr wurden drei Standorte in Polen eröffnet. Amazon hat auch mit einer Vielzahl an Aushilfen vorgesorgt.

Ist die Zusage von Amazon realistisch - was sagen Fachleute?

Handelsexperte Gerrit Heinemann, Professor an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach, kommt zu der Einschätzung: "Wenn einer Streiks gut verkraften kann, dann ist das Amazon. Das Unternehmen dürfte wegen des Protests kein Problem haben. Die Firma muss einfach nur ein paar Tausend Saisonarbeiter mehr einstellen. Die Fakten sprechen eindeutig für Amazon."

Warum engagiert sich Verdi dermaßen bei Amazon?

Amazon will das Einkommen und die Arbeitsbedingungen verbessern. Heinemann sagt: "Letztlich hätte sich die Gewerkschaft auch jeden anderen größeren Handelskonzern für das Thema Logistik- versus Einzelhandelstarif als Gegner aussuchen können. Bei Amazon sind sie wahrscheinlich aber an den falschen Gegner geraten, vor allem weil auch die Kunden auf Amazon nichts kommen lassen."

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