Türkei - Schlüsselland in der Flüchtlingskrise

Istanbul · Die Türkei hat nach eigener Zählung über 2,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen - mehr als jedes andere Land der Welt. Nach diesen offiziellen Angaben stammten alleine 2,2 Millionen der Schutzsuchenden aus Syrien, weitere 300 000 aus dem Irak.

 Syrische Flüchtlinge an einer Straße in der Türkei. Ihr Ziel ist die Grenze zu Griechenland. Foto: Tolga Bozoglu

Syrische Flüchtlinge an einer Straße in der Türkei. Ihr Ziel ist die Grenze zu Griechenland. Foto: Tolga Bozoglu

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Allerdings sind seit Jahresbeginn nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR rund 650 000 Menschen weiter über den Seeweg nach Griechenland geflohen, mehr als 60 Prozent dieser Gruppe waren Syrer. Die Türkei mit ihren rund 78 Millionen Einwohnern ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg in die EU.

Die EU-Staaten wollen erreichen, dass die Türkei den Zustrom von Flüchtlingen bremst und früher als bislang geplant Angehörige von Drittstaaten wie Syrien wieder zurücknimmt. Das ist bislang erst für Oktober 2017 vereinbart. Die Türkei fordert dafür finanzielle Unterstützung, eine Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses und Visafreiheit ihrer Bürger für die Einreise in den Schengen-Raum.

Nach eigenen Angaben hat die Türkei 8,5 Milliarden Dollar (7,5 Mrd. Euro) für die Flüchtlinge ausgegeben. Die internationale Unterstützung beziffert Ankara auf weniger als 500 Millionen Dollar.

Für ihre Hilfsbereitschaft ist die Türkei international gelobt worden. Das gilt auch für die Flüchtlingscamps im Land. Allerdings lebt nicht einmal jeder siebte Syrer in diesen Lagern. Die Mehrheit der Flüchtlinge schlägt sich in Städten im Südosten der Türkei oder in Metropolen wie Istanbul durch.

Die Türkei gewährt Syrern keinen Flüchtlingsstatus, sondern "vorübergehenden Schutz". Arbeiten dürfen sie nicht. Allerdings dulden die Behörden in der Regel, wenn sie etwa auf dem Bau oder in der Gastronomie schwarz arbeiten - weit unterhalb türkischer Löhne. Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch gehen zwei Drittel der syrischen Flüchtlingskinder in der Türkei nicht zur Schule, obwohl ihnen der Besuch staatlicher Schulen seit September 2014 erlaubt ist.

Die politische Führung in Ankara hat in der Flüchtlingskrise wiederholt Vorwürfe gegen die EU erhoben. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte im September, Europa habe das Mittelmeer in ein "Grab" verwandelt und trage damit Mitschuld am Tod "jedes einzelnen Flüchtlings, der sein Leben gelassen hat".

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