Acht Todesopfer Alle drei Londoner Terroristen waren den Behörden bekannt

London/Madrid · Die Ermittlungen in Großbritannien kommen voran. Nach dem Londoner Terroranschlag sind alle Täter identifiziert. Dennoch sind Polizei und Geheimdienst unter Druck. Waren ihnen die Terroristen bekannt?

Nach dem Londoner Terroranschlag ist die Zahl der Todesopfer auf acht gestiegen. Das gab die Polizei am Mittwoch in der britischen Hauptstadt bekannt.

Bei Attacken auf der London Bridge und am Borough Market hatten drei Terroristen am Samstagabend außerdem Dutzende Menschen verletzt. Die Angreifer wurden später von der Polizei erschossen.

Nach Polizeiangaben steht inzwischen fest, dass auch eine 21 Jahre alte Australierin unter den Toten ist. Die junge Frau habe als Au-Pair in London gelebt und gearbeitet. Ihre Eltern teilten mit, sie seien "tieftraurig über den tragischen Verlust" ihrer Tochter.

Die spanische Regierung teilte in Madrid mit, dass auch ein seit dem Anschlag vermisster Spanier wie befürchtet zu den Todesopfern gehört. Der 39-Jährige, der in London lebte und arbeitete, war während des Anschlags mit Freunden in der Nähe des Borough Markets unterwegs. Einer der Freunde erzählte, der Bankangestellte habe mit seinem Skateboard versucht, einen der Angreifer abzuwehren, der mit einem Messer auf eine Frau losgegangen sei. Man habe ihn im allgemeinen Chaos zuletzt am Boden liegend gesehen. Ministerpräsident Mariano Rajoy betonte, man werde den Getöteten wegen seiner "helden- und vorbildhaften Tat für immer in Erinnerung behalten".

Die spanische Regierung hatte zuvor die Verzögerung bei der Identifizierung der Opfer kritisiert. "Diese Verzögerung ist in der Tat schwer zu verstehen", meinte Außenminister Alfonso Dastis am Rande eines Besuchs in Moskau vor spanischen Journalisten.

Alle drei Attentäter des Londoner Terroranschlags waren Berichten zufolge den Behörden bekannt. Die italienische Polizei bestätigte, sie hätten die britischen Geheimdienste über Joussef Zaghba informiert.

Schon zuvor hatte sich herausgestellt, dass auch die anderen beiden Angreifer von der London Bridge zeitweise auf dem Radar der Behörden gewesen waren.

Der 22-jährige Zaghba, ein Italiener marokkanischer Herkunft, war demnach im März 2016 auf dem Flughafen von Bologna festgenommen worden. Die italienischen Behörden sahen aber nicht genügend Beweise, um ihn wegen Terrorismus belangen zu können.

Vielmehr habe Zaghba am Flughafen Verdacht geschürt, weil er lediglich mit einem Rucksack nach Istanbul reisen wollte und sich merkwürdig verhalten habe, sagte Staatsanwalt Giuseppe Amato dem Radiosender Radio 24. So soll er dem kontrollierenden Beamten zunächst gesagt haben, er wolle ein Terrorist werden, er habe sich dann aber korrigiert.

Zaghba wurde anschließend wieder freigelassen. Die britischen Geheimdienste seien aber informiert worden, dass er potenziell gefährlich sein könnte, sagte Amato weiter. In Italien sei er zudem "immer überwacht" worden. Auch die anderen beiden Täter sollen keine unbeschriebenen Blätter gewesen sein.

Italiens Polizeichef Franco Gabrielli sieht keinen Grund für Vorwürfe an die Geheimdienste seines Landes. Italien habe ein "reines" Gewissen, zitierte die Nachrichtenagentur ANSA Gabrielli während einer Veranstaltung auf der Insel Lampedusa. Er wolle zudem keinen Streit mit britischen Amtskollegen lostreten, fügte er hinzu.

Ein weiterer London-Attentäter, Khuram Shazad Butt (27), ein in Pakistan geborener Brite, hatte seine Gesinnung nicht verborgen und sogar in einer TV-Dokumentation mit einer Fahne der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) posiert. Er war der Polizei und dem Inlandsgeheimdienst MI5 bekannt. Trotz seiner radikalen Ansichten arbeitete er 2016 mehrere Monate für die Londoner U-Bahn. Die Sicherheitskräfte stuften ihn als nachrangig ein.

Rachid Redouane (30), ein Marokkaner, der sich auch als Libyer ausgegeben hat, soll Berichten zufolge in Großbritannien Asyl gesucht haben. Sein Antrag sei aber 2009 abgelehnt worden. Sicherheitskreise in Irland bestätigten, er habe 2012 in Dublin eine Britin geheiratet und sich damit das Bleiberecht für Großbritannien gesichert. Die Polizei sagte, er sei den Behörden "nicht bekannt" gewesen.

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