Vor Gericht in Melbourne Papst-Vertrauter Pell weist Missbrauchsvorwürfe zurück

Melbourne · Der australische Kardinal George Pell ist der ranghöchste Geistliche, gegen den wegen Kindesmissbrauchs ermittelt wird. Beim ersten Termin vor Gericht lässt er seine Unschuld beteuern. Auf seinen Posten als Finanzchef des Vatikans kehrt er zunächst einmal nicht zurück.

 George Pell steht wegen Missbrauchsvorwürfen in Melbourne vor Gericht.

George Pell steht wegen Missbrauchsvorwürfen in Melbourne vor Gericht.

Foto: Tracey Nearmy/AAP

Der australische Kardinal George Pell hat sich erstmals wegen Vorwürfen des Kindesmissbrauchs vor Gericht verantworten müssen. Der Vertraute von Papst Franziskus ließ bei dem Termin am Mittwoch in Melbourne über seinen Anwalt ankündigen, dass er auf unschuldig plädieren werde.

Der 76-Jährige saß dabei zwar im Saal, sagte selbst aber nichts. Der Termin war nach fünf Minuten schon wieder vorbei. Das Verfahren wird im Oktober fortgesetzt.

Als Finanzchef des Vatikans war der Australier bislang die inoffizielle Nummer drei des Kirchenstaats. Wegen der Vorwürfe, sich als junger Pfarrer und später auch als Erzbischof in seiner Heimat an Jungen vergangen zu haben, ist er seit Ende Juni auf eigenen Wunsch beurlaubt. Durch den neuen Termin am 6. Oktober muss der Papst auf die Dienste des Kurien-Kardinals nun weiterhin verzichten.

Pell ist der ranghöchste katholische Geistliche, der wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht steht. Sein Auftritt vor dem Magistrates Court in Melbourne wurde von Medien aus aller Welt verfolgt. Der Kardinal musste sich unter Polizeischutz mühsam einen Weg durch die Kameras bahnen.

Vor Gericht kündigte sein Anwalt Robert Richter dann an: "Kardinal Pell wird bezüglich aller Vorwürfe auf unschuldig plädieren." Zugleich betonte er, dass die Unschuldsvermutung gelte. Die australischen Behörden haben sich noch nicht näher dazu geäußert, was genau Pell vorgeworfen wird. Offiziell heißt es nur, es gehe um länger zurückliegende Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs.

In der Vergangenheit hatte es mehrfach Beschwerden gegeben, die in Pells Zeit als Priester in seiner Heimatgemeinde Ballarat (1976-1980) und Erzbischof von Melbourne (1996 - 2001) zurückreichen. Vor einem Jahr behaupteten zwei Männer, dass er sie in den 1970er Jahren in einem Schwimmbad unsittlich angefasst habe. Ein weiterer Mann berichtete, der katholische Geistliche habe sich in den 1980er Jahren vor Jungen in einem Umkleideraum am Strand entblößt.

Der Papst-Vertraute bestreitet alles. Ende Juni sagte er: "Ich bin unschuldig. Diese Anschuldigungen sind falsch. Die ganze Vorstellung von sexuellem Missbrauch ist abscheulich für mich." Mit der Anhörung ist nach australischem Recht noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob sich Pell tatsächlich einem Prozess stellen muss. Wenn es dazu kommt, wäre ein anderes Gericht zuständig.

Vor seiner Versetzung nach Rom Anfang 2014 war Pell Erzbischof von Melbourne und Sydney. Franziskus ernannte ihn dann zum Leiter einer neuen Aufsichtsbehörde für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans. Zudem sitzt er in einem Neuner-Gremium, das den Papst in Fragen einer Reform der römisch-katholischen Kirche berät. Die Vorwürfe sind auch deshalb heikel, weil Pell eingeräumt hatte, dass Australiens Kirche Missbrauchsfälle lange Jahre herunterspielte.

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