Niebel rechnet ab - Rösler verlangt Fairness

Stuttgart · Entwicklungsminister Dirk Niebel hat die Krise der FDP mit scharfer Kritik an der Parteiführung angeheizt.

 Philipp Rösler zur Kritik an seiner Person: "Das gehört zu meinem Job." Foto: Bernd Weißbrod

Philipp Rösler zur Kritik an seiner Person: "Das gehört zu meinem Job." Foto: Bernd Weißbrod

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Beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart forderte Niebel am Sonntag offen ein neues Führungsteam für die Bundestagswahl: "Es zerreißt mich innerlich, wenn ich den Zustand meiner Partei sehe." FDP-Chef Philipp Rösler verlangte dagegen, die Reihen zwei Wochen vor der wichtigen Niedersachsen-Wahl zu schließen: "Glaubwürdigkeit ist immer auch eine Frage des Stils, der Fairness, der Solidarität."

Rösler zeigte sich in seiner knapp einstündigen Rede zuversichtlich, dass sich Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in Niedersachsen behaupten kann. Intern gilt es als ausgemacht, dass die Verteidigung der Regierungsbeteiligung in Hannover am 20. Januar die Messlatte für Rösler ist. Seine Gegner wollen bei einem schwachen Ergebnis seinen Rückzug von der FDP-Spitze erreichen. Als Favorit für die Nachfolge gilt Fraktionschef Rainer Brüderle.

Brüderle lobte in Stuttgart die Verdienste von Rösler als Wirtschaftsminister. Der 67-Jährige ließ aber zugleich durchblicken, dass er bereitstünde, falls er gebraucht werde. "Ich weiß, ich bin nicht alleine, Sie werden mit mir kämpfen!", sagte er unter großem Beifall der rund 1400 Gäste im Opernhaus.

Die FDP müsse selbstbewusst für eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb in Berlin und gegen rot-grüne Steuererhöhungsorgien eintreten. "Wir müssen aufstehen und kämpfen. Wir müssen an uns selbst glauben!" Die FDP werde gebraucht, um die CDU noch besser zu machen, sagte Brüderle.

Rösler wies seine Gegner in die Schranken. Kritik an ihm sei normal: "Das gehört zu meinem Job." Die Selbstbeschäftigung der FDP unmittelbar vor der Landtagswahl sei aber falsch und gefährlich. Ein Wahlsieg von CDU und FDP in Hannover wäre ein Aufbruchsignal für die Bayern-Wahl und die Bundestagsentscheidung im September, so Rösler. Schafft es seine Partei nicht in den Landtag, wird intern mit dem Rücktritt des Parteichefs gerechnet.

Niebel forderte hingegen, die FDP dürfe die Entscheidung über das Führungsteam nicht vom Ausgang einer Landtagswahl abhängig machen. "So wie jetzt kann es mit der FDP nicht weitergehen!" Die FDP habe sich als Team nicht gut genug aufgestellt, sie bleibe weit hinter ihren Möglichkeiten zurück und verliere jeden Tag Chancen. Deshalb sei eine schnelle Entscheidung nötig, der für Mai geplante Parteitag müsse vorgezogen werden. Das verlangen auch andere Spitzenliberale.

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum sprach sich für eine personelle Neuausrichtung aus. Auf NDR Info sagte Baum, Rösler müsse sich fragen, ob er angesichts der Kritik noch etwas dazu beitragen könne, die FDP aus dem Tief herauszuführen. "Ich bin der Meinung, dass die Zukunft sehr eng verbunden ist mit dem Namen Brüderle, mit dem Namen Christian Lindner." Lindner will nach seinem Landtagswahlsieg aber längerfristig in Nordrhein-Westfalen bleiben.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur pochen führende Liberale auf einen Parteitag bereits Anfang März. Darüber beriet die FDP-Spitze am Sonntagmorgen bei einer Präsidiumssitzung. Es fiel aber noch keine Entscheidung. Die FDP liegt sowohl im Bund als auch in Niedersachsen in Umfragen bei rund vier Prozent.

SPD und Grünen rechnen nach dem Dreikönigstreffen mit einer raschen Ablösung von Rösler. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt warf den Liberalen vor, im Umgang mit dem Parteichef jeden Anstand vermissen zu lassen. "Stuttgart ist die Abschiedsveranstaltung für Rösler. Seine Tage und die der FDP sind gezählt."

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann glaubt, dass Brüderle nach der Niedersachsen-Wahl als Übergangsvorsitzender die restliche Regierungszeit abwickeln werde. "Ihm bleibt nur noch, die Scherben der jungen Garde aufzusammeln."

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