Erschütterungen auch in Rom Doppeltes Erdbeben bringt Italien die Angst zurück

Rom · Wie ein Fluch liegen die Naturgewalten über dem Zentrum Italiens. Fast exakt zwei Monate nachdem ein schweres Erdbeben mehreren Orten Verwüstung und Tod gebracht hat, bebt die Erde wieder. Ähnlich stark.

 Zwei Erdbeben ließen in Italien Häuser einstürzen.

Zwei Erdbeben ließen in Italien Häuser einstürzen.

Foto: dpa

Sie sind sowieso schon verunsichert, verängstigt, getroffen von dem Erdbeben vor zwei Monaten. Nun wiederholt sich der Schrecken für die Menschen in Mittelitalien. Die Erde bebt schon wieder und dieses Mal gleich mehrfach. Erst mit einer Stärke von rund 5,5. Wenig später folgt ein noch kräftigeres Beben von etwa 6. Das Zentrum liegt am Mittwochabend nur etwas weiter nördlich der Gegend, die bei dem Erdstoß vom 24. August - der ebenfalls eine Stärke dieser Größenordnung hatte - verwüstet wurde und fast 300 Tote zu beklagen hatte. Erdbeben erschüttern Italien

Erdbeben erschüttern Italien
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In dem Ort Ussita in den Marken spricht der Bürgermeister von „apokalyptischen“ Szenen. „Die Gegend unseres Ortes ist am Ende“, sagt Marco Rinaldi einem TV-Sender. Auch in der kleinen pittoresken Stadt Visso müssen sich schlimme Szenen abgespielt haben. „Die Wände sind über mir zusammengestürzt (...) Ich bin geflüchtet, und alles war staubig. Die Leute haben geschrien“, berichtet eine Frau der Nachrichtenagentur Ansa. In der Stadt brechen Menschen in Panik aus, weinen.

Der Bürgermeister von Castelsantangelo, das Dorf mit etwa 300 Einwohnern liegt am nächsten zum Zentrum des Bebens, erzählt von beträchtlichen Schäden. Der Ort habe keinen Strom, liege im Dunkeln, es regne. „Wir warten darauf, dass Gott sich beruhigt“, so Mauro Falcucci laut Ansa. „Das historische Zentrum ist in eine Staubwolke gehüllt.“ Viele Häuser seien aber seit dem Beben im August nicht bewohnbar gewesen seien, was ihm Hoffnung gebe, dass keine Opfer zu beklagen seien.

Selbst im mehr als 120 Kilometer entfernten Rom wackeln Wände und Tische, Menschen rennen erschrocken auf die Straße, es gibt Risse in Gebäuden. Selbst das Außenministerium wird evakuiert.

Der Zivilschutz spricht zunächst von einem Verletzten. Aber das Ausmaß dürfte erst viel später sichtbar sein.

Eines ist sicher: Die Angst ist zurück. Wenn sie überhaupt seit dem Schrecken vom August gewichen ist. Denn Orte wie Amatrice, Accumoli und Arquata del Tronto - letzterer liegt nur 25 Kilometer Luftlinie von dem jetzigen Zentrum entfernt - leben wie die gesamte erdbebengefährdete Gegend in den letzten Wochen und Monaten mit ständigen Nachbeben. Immer wieder sind auch stärkere darunter - bisher war aber keines so stark wie das jetzige. Geologen halten einen Zusammenhang mit dem Erdstoß im August für sehr wahrscheinlich.

„Natürlich weckt das wieder die Angst“, sagt der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi. Seine Stadt liegt immer noch in Schutt und Asche. Erst vor kurzem wurden die Zeltstädte abgebaut. Viele Menschen leben in Wohnwagen oder Zelten in Gärten oder in Notunterkünften andernorts. Jetzt sollen hier wieder einige Unterkünfte für mögliche neue Opfer geöffnet werden.

Damals kam der Erdstoß der Stärke 6,2 mitten in der Nacht, viele Menschen wurden in ihren Betten begraben, hatten keine Zeit mehr, nach draußen zu laufen. Dieses Mal war es kurz nach 19.00 Uhr, als der erste Stoß die Menschen aufschreckte. Wieder trifft es eine bergige Region rund um den Nationalpark Monti Sibillini. Der Bürgermeister von Ussita sagt, ihm mache lediglich Hoffnung auf weniger Opfer, dass die Menschen zum Zeitpunkt des Erdbebens auf die Straße laufen konnten.

Erdbeben-Region Mittelitalien: Riesige Spannungen im Untergrund

Das mittlere Italien ist eine derjenigen Regionen in Europa, die besonders häufig von schweren Erdstößen heimgesucht werden. Nur rund zwei Monate nach der Naturkatastrophe rund um die Stadt Amatrice hat der Untergrund nun nicht weit entfernt erneut gebebt. Der schwerste Stoß, der auch in der Hauptstadt Rom zu spüren war, ereignete sich um 21.18 Uhr nahe Visso. Das Epizentrum des ersten Stoßes lag laut der Nachrichtenagentur Ansa nahe dem Ort Castelsantangelo sul Nera - einem Dorf an der Grenze der Regionen Marken und Umbrien, nicht weit entfernt von Amatrice.

Immer wieder trifft es die bergige Gegend in den Abruzzen. Nur etwas weiter südlich hatten im Jahr 2009 Erdstöße die Stadt L'Aquila teils verwüstet, es gab mehr als 300 Tote. Grund für die Beben sind riesige Spannungen, die sich im Untergrund aufbauen. Denn der „Adriatische Sporn“ - ein Anhängsel der afrikanischen Erdplatte - reibt sich hier an der eurasische Platte. Auch deshalb haben sich Italiens Mittelgebirge aufgefaltet. Die enormen Energien können sich entladen.

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