Nach Schulmassaker in Parkland Massenprotest in USA gegen Waffengewalt: "Genug ist genug"

Washington · Mit Massenprotesten in den USA erhöhen die Überlebenden des Schulmassakers von Parkland den Druck auf die mächtige Waffen-Lobby und die Politik. Viele Promis schlossen sich dem „Marsch für unsere Leben“ an - doch eine Schülerin stiehlt ihnen die Show.

Sechs Minuten und 20 Sekunden - so lange hat das Schulmassaker von Parkland im US-Bundesstaat Florida gedauert, und fast so lange steht auch die überlebende Schülerin Emma Gonzalez auf der Bühne in Washington. Hunderttausende Demonstranten schauen der jungen Aktivistin am Samstag mit den kurz geschorenen Haaren gebannt zu, als sie erst eine emotionale Rede über ihre 17 toten Mitschüler hält und schließlich minutenlang mit Tränen im Gesicht schweigt. „Kämpft um euer Leben, bevor es die Aufgabe eines anderen ist“, sagt Gonzalez, bevor sie von der Bühne marschiert.

An der Marjory Stoneman Douglas High School hatte ein 19-Jähriger am 14. Februar 14 Jugendliche und drei Erwachsene erschossen. Seitdem haben Gonzalez und weitere überlebende Schüler eine Protestaktion gegen Waffengewalt und für striktere US-Waffengesetze gestartet. Dem Aufruf der Aktivisten nach Massenprotesten unter dem Titel „Marsch für unsere Leben“ sind landes- und weltweit Abertausende Menschen gefolgt. Allein in Washington gingen den Organisatoren zufolge rund 800 000 vorwiegend junge Menschen für den „Marsch für unsere Leben“ auf die Straße, während US-Medien von einer halben Million sprachen. Damit wäre es eine der größten Protestveranstaltungen in Washington in der jüngeren Geschichte.

Bei der Demo in Washington traten Stars wie Miley Cyrus, Ariana Grande und Demi Lovato auf. Schauspieler George Clooney samt Frau Amal, Kim Kardashian und Kanye West kündigten ihre Teilnahme an. Auch Matthew McConaughey und Paul McCartney kamen zu großen Kundgebungen in anderen US-Städten wie Parkland, Chicago, Boston, Philadelphia, Miami, Minneapolis, Houston, Los Angeles sowie New York, der Heimatstadt von US-Präsident Donald Trump. Protestler vor dem Trump-Tower hielten selbstgemalte Schilder mit Parolen wie „Wenn unsere Führer sich wie Kinder verhalten, müssen Kinder führen“ oder „Ich wähle 2020“ hoch.

Weltweit gab es ebenfalls Solidaritätsaktionen, so etwa in Sydney (Australien), Tel Aviv (Israel), London (Großbritannien) und vereinzelt in Deutschland. In Berlin kamen etwa 150 Menschen zum Protest vors Brandenburger Tor. In München waren es 175 bis 200 Teilnehmer, in Bonn ein paar Dutzend.

Die Parkland-Aktivisten fordern unter anderem ein völliges Verbot von Sturmgewehren für Zivilisten und eine generelle Heraufsetzung des Alters bei Waffenkäufen auf 21 Jahre. US-Präsident Donald Trump hatte zwar diesen Monat unter dem Druck der Proteste ein Maßnahmenbündel zur Schulsicherheit verkündet, aber praktisch nichts zur Verschärfung der Waffengesetze unternommen.

Um Trump blieb es an diesem Wochenende ruhig: Er reiste zu seinem privaten Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida und verzichtete zumindest vorläufig auf Tweets zum Thema. Das Weiße Haus veröffentlichte jedoch eine Erklärung, in der es hieß: „Wir applaudieren den vielen mutigen jungen Amerikanern, die heute ihr Verfassungsrecht nach Artikel 1 (Recht auf freie Meinungsäußerung) ausüben. Unsere Kinder zu schützen ist eine Top-Priorität des Präsidenten (...).“

Bereits am Freitag stellte die US-Regierung ein Verbot von Schnellfeueraufsätzen in Aussicht. Das Justizministerium wolle „Bump Stocks“ der Kategorie Maschinengewehre zuordnen, teilte Justizminister Jeff Sessions mit. Durch die neue Kategorisierung würden die Vorrichtungen, die eine halbautomatische Waffe zu einer Maschinenpistole mit Dauerfeuer umfunktionierten, de facto verboten.

Einiges haben die Schüler bereits erreicht: Der Bundesstaat Florida, in dem Parkland liegt, rang sich nach dem Schulmassaker zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren zu moderaten Waffen-Reglementierungen durch. So wurde das Mindestalter für den Kauf einer Schusswaffe von 18 auf 21 Jahre angehoben. Der Polizei wurde es auch leichter gemacht, Waffen von vermuteten Gefährdern zu beschlagnahmen.

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