Endlich Klarheit

Kommentar

Yvonne Kempen muss gehen. Die Meckenheimer haben sie am Sonntag mit überraschend klarer Mehrheit aus dem Amt gewählt. Bei einer Beteiligung von rund 60 Prozent haben mehr als zwei Drittel gegen die Bürgermeisterin gestimmt.

Die Hürde, die der Gesetzgeber vor eine solche Abwahl gestellt hat, haben sie überwunden. Dabei ist diese Hürde aus gutem Grund relativ hoch. Da Bürgermeister an Rhein und Ruhr nicht mehr wie früher vom Rat gewählt werden, sondern direkt vom Volk, soll nur das Volk seine Entscheidung korrigieren dürfen. Der Rat hat lediglich ein Antragsrecht. Mehr nicht. Das letzte Wort haben die Wähler.

"Meckenheim" ist ein Sonderfall. Erst ein einziges Mal ist zuvor in Nordrhein-Westfalen ein Stadtoberhaupt abgewählt worden. Und noch nie hat eines den Düsseldorfer Innenminister dazu bewegen können, den eigenen Stadtrat aufzulösen, wie Yvonne Kempen dies erfolglos versuchte.

Die 47-Jährige hat ihre Niederlage am Sonntag mit Achtung vor dem Bürgervotum und mit Anstand akzeptiert. Respekt. Denn das war keine Selbstverständlichkeit nach einem jahrelangen Streit, der von Gefühlsausbrüchen, von bitterbösen Anschuldigungen und Beschwerden, von Klagen und Strafanzeigen geprägt war. So sehr erregte der Konflikt die Gemüter, dass ein Pfarrer nichts dabei fand, seiner Gemeinde von der Kanzel herab eine kaum verhüllte Stimmempfehlung zu geben.

Man mag Yvonne Kempen manches (und manches durchaus zu Recht) vorwerfen. Aber nicht übertriebene Nachgiebigkeit oder Mangel an Courage. Sie hat sich mit fast allen angelegt, denen sie in ihrer Amtsführung begegnete - mit dem Landrat und dem Regierungspräsidenten, mit der eigenen Partei und sogar, als es um den Standort des Bundeskriminalamtes ging, mit dem Bundesinnenminister.

Für den Einsatz in Sachen BKA gebührt ihr Dank. Allerdings: Die ständige Streiterei in anderen Bereichen lähmte die Kommunalpolitik. Der Anspruch der Bürger auf eine Stadtregierung, die sich um ihr Wohl sorgt und ihre Interessen wahrnimmt, kam zusehends unter die Räder. Rat kontra Bürgermeisterin, Bürgermeisterin kontra Rat - das konnte Meckenheim nicht bekommen.

Die Bürger haben den Knoten jetzt durchgeschlagen und ihre Entscheidung getroffen. Sie wollen eine Neubesetzung an der Rathausspitze und werden sie in nächster Zeit wählen. Es mag übrigens durchaus so sein, dass nicht alle, die gegen Kempen stimmten, dies als Votum gegen sie persönlich verstanden haben. Ihr "Ja" auf dem Stimmzettel könnte auch von dem Wunsch diktiert worden sein, in Meckenheim endlich wieder zu vernünftigen Umgangsformen und sinnvoller politischer Arbeit zurückzukehren.

Dieser Wunsch wiederum hätte sich von der bisherigen Konstellation im Rathaus kaum erfüllen lassen. Denn der Rat wäre im Amt geblieben. Was hätte sein Rücktritt denn auch bewirkt? Ein neu gewähltes Stadtparlament wäre dem alten schon deshalb sehr ähnlich gewesen, weil weitgehend dieselben Personen kandidiert hätten. Sie hätten sogar kandidieren müssen, weil sich sachkundige Ersatzbewerber in den Parteien kaum so schnell hätten finden lassen. Folge: Das quälende Gerangel hätte kein Ende genommen.

Selbst jene, die mit ihrer Stimme für Yvonne Kempen am Sonntag in der Minderheit geblieben sind, sollten bei aller verständlichen Enttäuschung erleichtert darüber sein, dass endlich Klarheit herrscht. Jetzt kommt der Wahlkampf. Dann kommt die Wahl. Und dann ist Meckenheim endlich wieder eine ganz normale Stadt.

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