Hoffnung auf gutes Wetter Hochgucken lohnt sich - aber nur mit Spezialbrille

Bonn/Region · Die schlechte Nachricht zuerst: Wer Meteorologen befragt oder pessimistischen Menschen Glauben schenken will, der könnte am Freitagvormittag in Bonn, Köln und der Region im Regen stehen - und dann wird das nichts wirklich Cooles mit dem "Sofi-Gucken", wie es neudeutsch heißt.

Die "Sofi", kurz für Sonnenfinsternis, steht dennoch bei unzähligen Deutschen bereits fest im Terminkalender: An diesem Freitag, von 9.29 Uhr bis 11.58 Uhr, schiebt sich der Mond vor die Sonne und legt seinen Schatten auf die Erde. Er verdeckt die Sonne allerdings nicht komplett: Von einer "partiellen Sonnenfinsternis" ist die Rede. Ihren Höhepunkt erreicht sie in Bonn nach meteorologischen Angaben um genau 10.47 Uhr.

Im Rheinland kann man - optimistisch betrachtet - Glück haben mit dem Wetter: Vor allem die Norddeutschen sollen laut Deutschem Wetterdienst im Regen stehen. Je weiter man nach Südosten oder Süden ausweicht, desto bessere Chancen hat man auf einen guten Blick auf das Schauspiel. Nach oben blicken sollte man indes ausschließlich durch Spezialbrillen: "Wenn jemand die Dunkelsonne ohne Brille betrachtet, dann besteht große Gefahr für die Augen", sagt der Sprecher des Berufsverbands der Augenärzte, Georg Eckert. "Durch die Hornhaut des Auges und durch die Augenlinse wird das Licht so stark gebündelt, dass es zu Verbrennungen kommen kann."

Spezialbrillen schützen - wenn man denn noch welche bekommt. In der Region winken mittlerweile immer mehr Optiker ab: Der Sofibrillenausverkauf hat begonnen.

Für die, die von Berufs wegen für Sternbeobachtungen bestens gerüstet sind, ist das, was in drei Tagen innerhalb von gut zwei Stunden über die Himmelbühne geht, nicht bedeutsam: "Mit den Möglichkeiten, die wir im Orbit haben, kann man sich eine Finsternis zu jeder Zeit ins Instrument holen", sagt Atmosphärenforscher Thomas Reddmann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Dennoch schaut auch er am Freitag nach oben: "Die Finsternis selbst ist zwar kein wissenschaftliches Thema, aber ein wunderschönes Himmelsschauspiel."

In früheren Zeiten war das anders. Nur eine Sonnenfinsternis ließ die Korona erkennen, die äußere Hülle der Sonne, in der die enorme Hitze von zehn Millionen Grad entstehen kann.

Die Abgeklärteren unter den Sofi-Fans sprechen eher verächtlich von der "partiellen Sonnenfinsternis". Die hat man zwischen 1951 und 2050 satte 48 Mal in Mitteleuropa. Finster wird es eh nur in einem etwa 400 Kilometer schmalen Streifen auf dem Nordatlantik. Ansonsten ist die Sonne mal mehr, mal weniger bedeckt: Am meisten ist das in List auf Sylt der Fall (83 Prozent), in München sind es immerhin noch 68 Prozent. Das ist dann durchaus eine wahrnehmbare Lichtveränderung. Faustregel der Experten: Eine Bedeckung von 50 Prozent ist wahrnehmbar.

Sucht man in der Geschichte nach wirklich finsteren Himmelsmomenten, dann landet man schnell beim Datum 30. Juni 1954: An diesem Tag war die Sonne über Berlin zu 90 Prozent vom Mond bedeckt. Süddeutsche Landsleute erinnern sich an den 15. Februar 1961, als sogar 96 Prozent Bedeckung erreicht wurden.

Der größte Tag aller Sofi-Fans war der 11. August 1999: totale Sonnenfinsternis mittags in ganz Europa. 300 Menschen erlebten sie an Bord dreier Concorde-Flugzeuge, die dem Verlauf des Kernschattens folgten, so dass ihre Passagiere in einen 15-minütigen Genuss der Finsternis kamen - an einem Ort dauerte das Spektakel drei Minuten.

Die nächsten Sofis liegen in weiter Ferne: im August 2026 ist eine prognostiziert, die nächste dann im Juni 2039. Heißt: Man sollte am Freitagvormittag also in jedem Fall vom PC oder Smartphone hochschauen. Der Anblick, wenn es einen gibt, ist selten.

Für die Schüler des Bonner Helmholtz-Gymnasiums wird es ihn nicht geben: Die Schulleitung dort hält die Schüler von zehn bis 11.30 Uhr in den Klassenräumen zu einer Doppelstunde fest - bei abgedunkelten Fenstern. Und nur wer eine Brille hat, darf unter Aufsicht mal spinksen.

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