Hamiltons Krönung beim Alptraum-Finale für Rosberg

Abu Dhabi · Tief bewegt genoss Lewis Hamilton in der Nacht von Abu Dhabi sein zweites Titel-Glück, dem traurigen Nico Rosberg blieb nur die Rolle des fairen Verlierers. "Das ist der schönste Tag in meinem Leben", beteuerte Mercedes-Pilot Hamilton nach seinem Sieg im Formel-1-Saisonfinale.

 Lewis Hamilton auf dem Weg zum Sieg. Foto: Valdrin Xhemaj

Lewis Hamilton auf dem Weg zum Sieg. Foto: Valdrin Xhemaj

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Mit feuchten Augen lauschte der neue Weltmeister der britischen Hymne, Freundin Nicole Scherzinger vergoss im Zielraum Tränen. Ein wenig verloren in diesem Jubelrausch ließ sich der mit einem kaputten Silberpfeil überrundete Rosberg von Hamilton in den Arm nehmen. "Über die Saison gesehen, war er der bisschen bessere Fahrer", gestand der geschlagene Deutsche.

Zum zweiten Mal nach 2008 krönte sich sein Silberpfeil-Kollege zum Champion. Schon beim Start war er an dem auf Pole Position stehenden Rosberg vorbeigezogen und fehlerlos zum WM-Triumph gestürmt. "Lewis, du bist eine absolute Legende!", rief ihm Prinz Harry via Boxenfunk zu. Daimler-Boss Dieter Zetsche lobte den ersten Champion im Werks-Mercedes seit Juan Manuel Fangio 1955 für seine "fantastische Leistung". Und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff versprach: "Heute Abend entern wir einen Nachtclub und nehmen ihn auseinander."

Für den bemitleidenswerten Rosberg indes war das alles schwer zu ertragen. Der "Alptraum" eines technischen Defekts, den das Team zuvor unbedingt verhindern wollte, war eingetreten. "Das ist ein Wermutstropfen", räumte Wolff ein. Rosberg nahm das Drama um sein defektes Hybridsystem und Platz 14 mit beeindruckender Fassung hin. "Der ganz große Traum hat jetzt nicht geklappt. Das ist sehr enttäuschend", sagte der 29-Jährige, der in dieser Saison fünf Rennen gewann und Hamilton im WM-Duell bis zum Schluss im Nacken saß.

"Nico hat das ganze Jahr über unglaublich gekämpft. Das war phänomenal", sagte Hamilton nach einer Ehrenrunde mit der britischen Fahne und fügte hinzu: "Es war so intensiv das ganze Jahr zwischen uns. Es hätte heute jeder von uns sein können." Am Ende aber war der elfmalige Saisonsieger aus Hertfordshire vermutlich der "richtige Weltmeister", wie Mercedes-Chefkontrolleur Niki Lauda urteilte.

Auf den Plätzen zwei und drei fuhren in Abu Dhabi Felipe Massa und Valtteri Bottas in ihren Williams aufs Podest. Force-India-Fahrer Nico Hülkenberg beendete das Jahr auf einem starken sechsten Rang. Der seit langem entthronte Vierfach-Champion Sebastian Vettel kam in seinem letzten Rennen für Red Bull auf den achten Platz. "Ich kann nicht zufrieden sein, der Speed hat gefehlt", sagte der künftige Ferrari-Pilot, dessen Weltmeister-Nummer 1 nun Hamilton übernimmt. "Das ist mein Moment", frohlockte der Engländer.

Schon als die Roten Ampeln im leichten Dämmerlicht ausgingen, präsentierte er sich in der Form eines Champions und zog mit einem "Raketenstart" (Hamilton) an Rosberg vorbei. In der Qualifikation hatte nicht alles gepasst, nur Platz zwei hinter Rosberg. Der konnte die elfte Pole Position in dieser Saison aber wie schon so oft nicht nutzen. Rosberg bog schon mit einigen Metern Rückstand in die erste Kurve ein. Nur mit Mühe konnte er verhindern, dass auch noch Massa im Williams an ihm vorbeikam.

Vorn regierte von da an nur Hamilton. Nichts mit Nervosität ob der Psycho-Sticheleien Rosbergs vor dem Rennen. Und seine kurzfristig eingeflogene Familie nebst Popstar-Freundin schienen ihn nach einer kurzen Nacht nur noch mehr zu beflügeln.

"Es fühlt sich heute an wie der wichtigste Tag in meinem Leben", hatte Hamilton vor dem Rennen getwittert. "Aber ich bin ruhig und fokussiert." Die Konsequenz: Nach der ersten Runde von 55 Umläufen auf dem Kurs am Yachthafen von Abu Dhabi lag Hamilton schon 1,2 Sekunden vor Rosberg. Und damit war der deutsche Verfolger schon außerhalb der einen Sekunde, die die Überholhilfe DRS erlaubt. Vorbeikommen also fast unmöglich. In der Box des gebürtigen Wiesbadeners begann das Bangen. Papa Keke, Weltmeister von 1982 mit nur einem Sieg, zitterte zu Hause mit.

Alles lief aber gegen Rosberg, der seit seinem Einstieg zur Saison 2006 zum ersten Mal um den WM-Titel kämpfte. Hamilton kam als erster in der elften Runde zum Reifenwechsel rein. Rosberg blieb eine Runde und damit 5,554 Kilometer länger draußen. Als Rosberg noch im Tunnel auf dem Weg zurück auf den Kurs war, lag Hamilton im Vergleich schon wieder vorn. Hamilton baute seinen Vorsprung aus, zwischenzeitig sogar auf knappe drei Sekunden.

"Es ist natürlich eine angespannte Situation", hatte Rosberg vor dem Rennen gesagt und hoffte, dass mit "Lewis irgendwas passiert, damit er Dritter wird". Eine Prophezeiung, die nicht mal zur Hälfte ihn selbst mit aller Härte und Tragik traf: Rosberg klagte über fehlende Power. Die Verzweiflung und Hilflosigkeit schwang in jedem Wort über Funk mit. Aber Rosberg kämpfte. "Er macht einen heldenhaften Job, das Auto überhaupt im Rennen zu halten", lobte das Team via Twitter.

Selbst als er kurz vor Schluss vom Team aufgefordert wurde, den Wagen in der Box abzustellen, blieb Rosberg auf der Strecke und ertrug es sogar, vom neuen Weltmeister Hamilton überrundet zu werden.

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