Nach Unabhängigkeitsbeschluss Katalanischem Ex-Regionalpräsident droht Verhaftung

Madrid/Barcelona · Die spanische Justiz geht hart gegen die Separatisten der Region Katalonien vor. Die meisten Angehörigen der von Madrid abgesetzten Regierung sind seit Donnerstag hinter Gittern. Ex-Regionalpräsident Puigdemont könnte bald folgen.

 Hat sich nach Brüssel abgesetzt: der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont.

Hat sich nach Brüssel abgesetzt: der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont.

Foto: Manu Fernandez

Dem Separatisten-Chef droht in Spanien eine Haftstrafe von bis zu 30 Jahren. Ihm werden Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Grund ist der einseitige Unabhängigkeitsbeschluss, der das Parlament in Barcelona am Freitag vor einer Woche verabschiedet hatte. Die Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte die katalanische Regierung daraufhin abgesetzt. Die wirtschaftsstarke Region im Nordosten Spaniens steht nun unter Zwangsverwaltung aus Madrid, das Neuwahlen für den 21. Dezember einberufen hat.

Puigdemont und die vier Ex-Minister hatten am Donnerstag eine Vorladung von Richterin Carmen Lamela missachtet. Die neun restlichen ehemaligen Angehörigen der katalanischen Regierung erschienen dagegen vor Gericht und wurden mit Untersuchungshaft belegt. Die sieben Männer und zwei Frauen wurden nach den Vernehmungen umgehend zu zwei Gefängnissen im Madrider Umland gefahren. Nur einer dieser Politiker darf gegen Zahlung einer Kaution von 50.000 Euro die Haft unter Auflagen verlassen.

Tausende Menschen gingen nach Bekanntgabe der Inhaftierungen in verschiedenen Städten Kataloniens auf die Straße, um gegen den Beschluss der Richterin zu protestieren. In der Hauptstadt Barcelona versammelten sich die Menschen vor dem Regierungspalast. In Lleida wurde die Zahl der demonstranten auf 3000, in Tarragona auf 5000 geschätzt. Unzählige Katalanen schlugen in der Nacht aus Protest auf Balkonen und von Fenstern aus spontan auf leere Töpfe. In Barcelona war der Lärm in vielen Stadtvierteln zu hören.

Die Inhaftierungen wurden unter anderem von neutralen Politikern, von Gewerkschaftsverbänden, von TV-Moderatoren und auch vom Topclub FC Barcelona kritisiert. „Aktionen wie diese tragen nicht dazu bei, die Wege des Dialogs und des Respekts zu bauen, die wir als Institution immer verteidigt haben“, schrieb der Fußball-Topclub. Die linke Bürgermeisterin Barcelonas, Ada Colau, meinte vor Journalisten, alles deute auf „Revanchegelüste“ hin.

Untersuchungshaft ohne Recht auf Kaution wurde für Puigdemonts Ex-Vize Oriol Junqueras und weitere sieben Politiker angeordnet. Der neunte Politiker, Santi Vila, der kurz vor dem Unabhängigkeits- Beschluss als Minister zurückgetreten war, darf dagegen bei Zahlung einer Kaution von 50 000 Euro auf freien Fuß gesetzt werden.

Nach einem europäischen Haftbefehl muss das Land, in dem die Person festgenommen wird, diese innerhalb von höchstens 60 Tagen nach der Festnahme an das Land übergeben, in dem der Haftbefehl ausgestellt worden war. Stimmt die Person ihrer Übergabe zu, so muss innerhalb von zehn Tagen über die Übergabe entschieden werden.

Weitere Infos

  • Der Europäische Haftbefehl vereinfacht und beschleunigt die Auslieferung eines Verdächtigen zwischen zwei Mitgliedstaaten der EU. Die Justizbehörden arbeiten dabei direkt zusammen, der diplomatische Weg wie beim traditionellen Auslieferungsverfahren entfällt.

Grundsätzlich gilt, dass Entscheidungen in Strafsachen gegenseitig anerkannt werden und daher ein Gesuchter unproblematisch ausgeliefert werden kann. Bei bestimmten schweren Straftaten wie Terrorismus ist dies ohne weitere Prüfung möglich.

Ein Europäischer Haftbefehl ist eine Eilsache. Wird ein Gesuchter festgenommen, soll eine Entscheidung über die Vollstreckung innerhalb von 10 bis 60 Tagen erfolgen - je nachdem ob der Betroffene seiner Auslieferung zustimmt oder nicht.

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