Fragen und Antworten: "Das Taxi unter den Krediten"

Berlin · Es ist verlockend einfach. Wer im Supermarkt mal mehr ausgibt, als er auf dem Konto hat, nutzt den Dispo. Doch der Preis für die Flexibilität ist hoch: Fürs Konto-Überziehen nehmen Banken im Schnitt noch immer zweistellige Zinsen. Dabei können sie selbst sich Geld fast zum Nulltarif leihen. Besserung ist nur langsam in Sicht.

Wie viel müssen Verbraucher fürs Konto-Überziehen bezahlen?

Die Stiftung Warentest hat die Zinsen von 1504 Banken zusammengetragen. Demnach müssen Kunden für ihren Dispo im Schnitt 10,65 Prozent Zinsen zahlen. Die Spanne ist allerdings groß: von 4,9 Prozent bei einer Internetbank bis zu satten 14,25 Prozent für Kunden mit schlechter Bonität bei zwei lokalen Banken. Fair wäre nach Ansicht der Finanztester ein Dispozins von deutlich unter 10 Prozent.

Banken borgen sich ihr Geld quasi zum Nulltarif. Senken sie deshalb auch die Dispozinsen?

Der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen, liegt gerade so niedrig wie nie - bei 0,05 Prozent. Untereinander borgen sich die Banken Geld für weniger als 0,2 Prozent. Auch die Dispozinsen sind im vergangenen Jahr bei 250 Geldhäusern um mehr als einen Prozentpunkt gesunken, Anfang des Monats haben mehrere Institute erneute Anpassungen angekündigt. Doch nach Auffassung der Finanztester tut sich angesichts der Marktsituation noch immer viel zu wenig.

Wie begründen die Banken, dass Dispokredite vergleichsweise teuer sind?

Die Kreditinstitute argumentieren mit Kosten und höheren Risiken. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon nennt den Dispo gern "das Taxi unter den Krediten": Er stehe ständig bereit, sei aber nur für kurze Überbrückungen gedacht. Diese hohe Flexibilität koste. Auch ein hohes Ausfallrisiko wird genannt - nach Ansicht der Finanztester allerdings zu Unrecht. Das Risiko, dass ein Verbraucher seinen Dispo nicht zurückzahle, liege unter 0,4 Prozent, argumentieren sie. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Wie wichtig sind die Dispozinsen als Einnahmequelle für die Banken?

Mit Anlagezinsen können Banken derzeit wenig Gewinn machen, Dispokredite aber können sich lohnen. Laut Bundesbank beträgt das Volumen für revolvierende und Überziehungskredite an private Haushalte rund 38 Milliarden Euro. Gehe man von 10 Prozent Dispozins aus, verdienten die Banken fast 3,8 Milliarden Euro im Jahr, weil Kunden ihr Konto überziehen, sagt Finanztesterin Stephanie Pallasch. Jeder Prozentpunkt bei den Dispozinsen spüle ihnen grob gerechnet knapp 380 Millionen Euro in die Kassen. Die Deutsche Kreditwirtschaft widerspricht: Der Betrag dürfte erheblich niedriger liegen.

Wie viele Menschen sind überhaupt im Minus?

Der Umfrage von Stiftung Warentest zufolge nutzen knapp 15 Prozent der Bankkunden die ihnen eingeräumten Dispokredite. Europas größte Direktbank ING-Diba veröffentlichte im Februar eine Umfrage, nach der sogar jeder fünfte Deutsche seinen Dispokredit permanent oder mindestens einmal im Monat nutzt. Oft stünden die Verbraucher mit 500 bis 1500 Euro in der Kreide.

Sollten die Dispozinsen gesetzlich begrenzt werden?

Die Forderung nach einer Obergrenze gibt es immer wieder, unter anderem von den Verbraucherzentralen. Die Finanztester sehen das kritisch. Sie befürchten, dass Banken dann im Gegenzug einfach die Gebühren für die Kontoführung erhöhen. Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) will gegen hohe Dispo-Kosten vorgehen. Er will Banken verpflichten, Kunden zu beraten, wenn sie ihre Konto lange überziehen. Außerdem sollen die Institute ihre Zinssätze transparenter machen.

Welche Alternativen zum Dispo gibt es?

Dispokredite seien nur für kurzfristige Überziehung geeignet, sagt Finanztesterin Pallasch. Wer auf längere Zeit Geld leihen muss - etwa für eine neue Waschmaschine oder gar ein Auto -, sollte das besser mit einem Raten- oder Abrufkredit machen. Oft könnten auch durch Verhandlungen mit der Bank günstigere Konditionen erreicht werden.

Links##ULIST##

Umfrage ING-Diba

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