Wahlen Ein harter Rechter: Ted Cruz, der Unruhestifter

Des Moines · Politischer Radikaler, Liebling der Tea Party, gewandter Redner: Ted Cruz hat es schon jetzt weit gebracht. Spät wandte das Establishment seiner Partei sich gegen den harten Senator. Es hat nicht gereicht.

 Ted Cruz während einer Dankesrede an seine Anhänger.

Ted Cruz während einer Dankesrede an seine Anhänger.

Foto: Jim Lo Scalzo

Der texanische Senator Ted Cruz ist ein knallharter Erzkonservativer. Seine Parteikollegen bezeichnen ihn als "wacko bird". Als solch "durchgeknallter Vogel" hätte Cruz in normalen Zeiten keine Chance, Kandidat seiner Partei im Rennen um das Weiße Haus zu werden.

Aber bei Ted Cruz ist wenig normal.

Cruz ist der Sohn eines Kubaners und einer US-Amerikanerin. Er war schon mit knapp 30 Jahren als Wahlkampfberater für George W. Bush tätig. Als Senator hat er die Republikanische Partei aufgewirbelt wie kaum ein Zweiter. Nach 2013 erkämpfte sich der brillante Redner in kürzester Zeit den Ruf des radikalen Unruhestifters.

Als Präsidentschaftskandidat will er auch das politische Establishment in Washington aufmischen, das machte er auch am Wahlabend in Iowa nochmals deutlich: gegen die Oberen gehe es, gegen die Medien, und gegen die Lobbyisten. Stattdessen solle wieder das Volk sprechen: "We, the people". Und eine Regierung, die sei nur dazu da, Gottes Gesetze und seinen Willen umzusetzen und zu ermöglichen. Seinen Sieg empfahl er der höheren Ehre Gottes an.

Ein Mann, der sein Tagwerk nicht auf den Knien beginne, sei des Oval Office nicht würdig, sagte Cruz kürzlich. Die religiöse Rechte im Land steht bei so lauter Frömmigkeit ganz stramm vor Seligkeit. Ob diese Haltung in einem säkularer werdenden Land aber auch insgesamt verfängt?

Beim rechten Tea-Party-Flügel seiner Partei ist Cruz ein Star. Abtreibung lehnt er genauso strikt ab wie strengere Waffengesetze. "Obamacare", die erfolgreiche und immer etabliertere Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama, bekämpft er offen. Die Bundessteuerbehörde würde er am liebsten ganz abschaffen und die südliche US-Grenze mit Mexiko in eine Festung verwandeln.

Außenpolitisch gibt sich Cruz extrem markig: Man wolle doch mal sehen, wie man im Kampf gegen den Islamischen Staat den Wüstensand im Dunkeln zum Glühen bringe - ein Bombenteppich soll dabei helfen.

Bei seinen Wahlveranstaltungen gellen Rufe wie "Cruz control!" oder "Captain constitution!" durch die Hallen. Ob als starker Mann oder als Verfassungsschützer - Jurist Cruz zeigt sich gern mit Westernstiefeln aus Straußenleder.

Dabei ist Cruz alles andere als ein tumber Cowboy. Begleiter beschreiben ihn als schnell, gewandt, blitzgescheit. Als Student in Harvard war Cruz ein geachteter Schauspieler. Wer bei seinen Reden genau hinsieht und -hört, sieht das: die exakten Pausen, die kunstvollen Bögen, das Timing.

Mit seiner Frau Heidi und seinen zwei Töchtern lebt der Senator in seiner Heimatstadt Houston, ist aber angeblich nur sehr wenig daheim. Heidi ist dabei sehr viel mehr als die Frau an seiner Seite: Die ehemalige Goldmann-Sachs-Investmentbankerin plant Teds Karriere generalstabsmäßig. In puncto Zielstrebigkeit und Organisationsgrad wird dem Ehepaar Cruz sogar Ähnlichkeit mit den Clintons nachgesagt.

Das Establishment der Republikaner fürchtet, dass Cruz für den Mainstream zu stark polarisieren könnte. Allerdings hat er starken Rückhalt bei den konservativen Christen und bei der Waffenlobby, beide Interessengruppen haben großen Einfluss. Lindsey Graham, kürzlich aus dem Rennen ums Weiße Haus ausgestiegen, brachte die Sorgen vieler Republikaner so auf den Punkt: Die Wahl zwischen Trump oder Cruz sei wie die Wahl zwischen Vergiften oder Erschießen.

Trump und Cruz, für die amerikanische Rechte war das der perfekte Pas de deux einer "bromance" (zusammengesetzt aus brother und romance), aber das ist nun vorbei, dafür kam Cruz "The Donald" zu sehr ins Gehege. Seither beharken sich die beiden mit Inbrunst. Die "New York Times" zeichnete kürzlich das einprägsame Bild, dass die beiden Anti-Establishment-Kandidaten womöglich in einer tödlichen Umarmung untergingen. Gemeinsam.

Cruz wurde in Kanada als Sohn einer US-Amerikanerin geboren. Manche - etwa Trump - stellten deshalb rechtzeitig vor der Wahl in Iowa mit sorgenvoll kaschierter Hoffnung die Frage, ob Cruz so überhaupt legal Präsident werden könne, mit "so einem großen Fragezeichen über Deinem Kopf, das kannst Du der Partei nicht antun". Cruz versucht, das an sich abperlen zu lassen, aber so ganz ist ihm das nicht gelungen. Die rechtliche Bewertung dieser Frage ist durchaus widersprüchlich, auch wenn Cruz dieses Feuerchen auszutreten versucht wie alles andere auch: kaltlächelnd, entschlossen und mit bebender Stimme.

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