Fußball EM im Würgegriff der Gewalt: Hooligans stören Fußball-Fest

Lens/Lille · Die Gewalt bleibt ein ständiger Begleiter der Fußball-EM. Nach den Krawallen von Lille aber hat die Polizei mit ihrer harten Null-Toleranz-Strategie zumindest in der Nachbarstadt Lens Erfolg.

 Russische Hooligans gehen auf einen englischen Fan los. Mehr als 30 Menschen wurden in Marseille und Nizza verletzt.

Russische Hooligans gehen auf einen englischen Fan los. Mehr als 30 Menschen wurden in Marseille und Nizza verletzt.

Foto:  Peter Powell

Als die Fußballfans nach der "Battle of Britain" am Abend Lens verlassen, spricht die Erleichterung aus Fabienne Buccio. Es ist friedlich geblieben rund um das brisante EM-Bruderduell zwischen England und Wales, bilanziert die Präfektin des Départements Pas-de-Calais.

"Bis jetzt gibt es keine Gewalt, keinen Schwerverletzten", sagt Buccio. "Es ist eine Party geblieben." Die Sicherheitsbehörden können endlich einmal durchatmen, nachdem vor allem russische und englische Hooligans an den ersten EM-Tagen das Fußballfest in Frankreich empfindlich gestört hatten.

In den Straßen von Lens indes wird an diesem Tag nur gesungen, getanzt und viel getrunken. Trotz des teils extremen Alkoholkonsums kommt es zu keinen Ausschreitungen. Selbst dann nicht, als die Waliser den berühmten englischen Fansong "Football's coming home" mit der provozierenden Textzeile "England's going home" grölen. Nach der Partie haben ohnehin die Engländer dank des späten 2:1-Siegs mehr Grund zu feiern.

Die Sicherheitskräfte hatten sich in höchster Alarmbereitschaft befunden. Am Ende werden lediglich 14 Festnahmen gezählt, acht davon wegen Trunkenheit. Nur drei Festgenommene kamen in Polizeigewahrsam und müssen mit einem juristischen Nachspiel rechnen.

Am Vortag sah es im benachbarten Lille noch ganz anders aus. Wieder gehen Bilder von Reizgasschwaden, prügelnden Polizisten und blutenden Fans um die Welt. Sie belegen die Null-Toleranz-Strategie der französischen Beamten, die bei der EURO mit harter Hand gegen Ruhestörer vorgehen.

Als nach Ende des Spiels Russland gegen Slowakei zahlreiche Fans beider Teams in die Altstadt strömen, kommt es zu Jagdszenen. Hunderte Briten stürmen durch die Straßen - offenbar, um sich mit verfeindeten Anhängern aus Russland zu schlagen. Nach den Vorkommnissen in Marseille, wo russische Anhänger am vergangenen Samstag im Stade Velodrome nach dem Abpfiff den englischen Fanblock stürmten, ist noch eine Rechnung offen. "Fuck off Russia" skandieren die Engländer.

Die Szenen wiederholen sich bis Mitternacht mehrfach. Immer wieder versucht die Polizei die Fans auseinander zu treiben. Meist mit Gewalt. Durchsagen über Lautsprecher gibt es keine. Offenkundig findet keine Kommunikation zwischen den Lagern statt.

Zwischen den Fronten versucht zwischenzeitlich ein Dutzend unbewaffneter Polizisten aus England und Wales die Fans in Schach zu halten. Das gelingt teilweise. Doch auch sie können nicht verhindern, dass Engländer auf Straßenschilder klettern und weiter Ärger machen.

Es sind jedoch nicht nur stark alkoholisierte Engländer, die für Krawalle sorgen. Auch einige Anhänger der Equipe tricolore benehmen sich am späten Mittwochabend daneben, werfen Steine und Flaschen auf die Polizisten. Die sind in der Wahl der Mittel nicht zimperlich: Tränengas, Schlagstöcke und Hunde kommen zum Einsatz.

Die Bilanz des sechsten EM-Tages: Insgesamt 37 Fans werden festgenommen, darunter auch sechs Russen, die schon an den Krawallen am vergangenen Samstag in Marseille beteiligt waren. Es gibt 50 Verletzte, 16 Personen müssen in Krankenhäusern stationär behandelt werden.

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