Katastrophenhilfe nach Erdbeben in Nepal Die Fäden laufen in Bonn zusammen

BONN · In Bonn laufen nach dem Erdbeben in Nepal die Fäden vieler bundesweiter Katastrophenhilfen zusammen. "Unsere Mitarbeiter vor Ort berichten von dramatischen Zerstörungen und schwierigen Zugangswegen", sagte gestern Birte Steigert vom Nothilfe-Bündnis Aktion Deutschland Hilft.

 Suchhunde warten mit Einsatzkräften auf den Flug in das Katastrophengebiet.

Suchhunde warten mit Einsatzkräften auf den Flug in das Katastrophengebiet.

Foto: dpa

"Hunderttausende Menschen stehen vor dem Nichts. Wir müssen in hohem Maß humanitäre Hilfe leisten." Mitarbeiter von AWO International und anderen Organisationen, die in Nepal Entwicklungsprojekte betreiben, seien sofort einsetzbar gewesen.

"Die Lage ist nicht chaotisch. Aber die Herausforderungen sind riesig," erklärte Steigert dem General-Anzeiger. Der einzige Flughafen Kathmandu sei nur begrenzt nutzbar. Gestern traf dort ein Team des "Bundesverbands Rettungshunde" ein. "Die 54 Einsatzkräfte sind nun in der Stadt unterwegs, um Opfer zu orten, zu bergen und medizinisch zu versorgen," so Steigert.

Mitarbeiter von Terra Tech dringen derweil zu Fuß in die abgelegenen Berge nahe dem Epizentrum vor. "Heute waren die Ärzte in einem Dorf, wo von 40 Häusern nur noch drei stehen und 100 Überlebende medizinische Hilfe brauchten." Das Team durchkämme das Gebiet, in dem kein Hubschrauber landen könne. Von den Mitgliedsorganisationen halte action medeor Medikamente für die erste medizinische Notversorgung bereit.

Von Malteser International und dem Arbeiter-Samariter-Bund sollen sie in die Krisenregion transportiert werden. CARE Deutschland werde mit Nahrung, Kleidung, Notunterkünften und sauberem Trinkwasser helfen. World Vision werde Zelte und Kochsets schicken, so Steigert. "Hierfür benötigen wir dringend Spenden. 70 Euro ermöglichen es, eine Familie zwei Wochen lang zu ernähren", rechnet sie vor. 100 Euro könnten sauberes Trinkwasser für zwölf Familien sichern und 200 Euro eine Notunterkunft für eine Familie finanzieren.

Die Bonner Zentrale des Technisches Hilfswerks (THW) hat ein vierköpfiges Vorausteam zur Unterstützung der Botschaft und weitere elf Kräfte der Schnell-Einsatz-Einheit Wasser Ausland (SEEWA) nach Kathmandu geflogen. Sie erkunden die Lage, um Einsatzorte inklusive Wasserentnahmestellen zu finden. Das erforderliche Spezialgerät für die Trinkwasseraufbereitung sowie für ein Camp wird mit einem Hilfsflug des Deutschen Roten Kreuzes nachgeführt. Als Ressourcenmanagement auch in Abstimmung mit Hilfsdiensten anderer Länder dient das Bonner Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Dessen Gemeinsames Melde- und Lagezentrum (GMLZ) stelle sicher, dass bei großflächigen Schadenslagen Bund, Länder und Organisationen über die gleichen Informationen zur Lage verfügen, erläutert Marianne Süntrup.

Gestern flog auch die Deutsche Post DHL Group ein sogenanntes "Disaster Response Team" in Kathmandu ein. Die DHL-Mitarbeiter aus Bahrain, Belgien, Dubai, Indien, Malaysia und Singapur bereiten seither am Flughafen eintreffende Waren zur weiteren Verteilung durch lokale und internationale Organisationen an Hilfsbedürftige vor.

Aber auch einzelne Bürger wie der Jurist Christoph Bauerle starten kurzerhand selbst Hilfsaktionen. Mit Spenden unterstützt Bauerle das humanitäre Projekt seines nepalesischen Studienkollegen Professor Surya Subedi. Der Menschenrechtsexperte schickt aktuell vom englischen Leeds aus ein Ärzte- und Krankenschwesterteam in die Katastrophengegend (Kontakt: christoph-t.bauerle@t-online.de).

Dem Köln-Bonner Flughafen lagen am gestrigen Abend noch keine Anmeldungen von Sonderflügen vor, so dessen Sprecher Walter Römer.

21 Bergungsspezialisten und sieben Trümmersuchhunde aus NRW warten derzeit am Flughafen Neu Delhi auf ihren Weitertransport ins Erdbebengebiet. Sie gehören zu einem Team von insgesamt 52 Experten aus neun Bundesländern, die die Vereinten Nationen über die Duisburger Organisation "International Search and Rescue Germany" (I.S.A.R.) angefordert haben. I.S.A.R. ist darauf spezialisiert, bei Einstürzen, Explosionen, Erdbeben oder Flutkatastrophen ohne große Vorlaufzeit Verschüttete zu bergen und Verletzte zu versorgen.

Unterstützt werden sie dabei von Tieren des Bundesverbandes Rettungshunde e.V. aus Hünxe. "Das Team besteht aus Katastrophenhelfern, Ärzten, Krankenpflegern, Rettungsassistenten und Feuerwehrleuten", erklärt I.S.A.R-Sprecher Simon Pake.

Im Lagezentrum der Organisation, das am Samstag auf der Feuerwache Moers-Stadtmitte hochgefahren worden ist, koordinieren derzeit zehn Krisenhelfer die Weiterführung der NRW-Rettungskräfte von Indien ins Erdbebengebiet.

Da der internationale Flughafen in Nepal ebenfalls stark beschädigt ist, wird derzeit fieberhaft nach alternativen Routen, auch über Land, gesucht.

Hotline

Bei Unglücken im Ausland unterstützt die Koordinierungsstelle "Nachsorge, Opfer- und Angehörigenhilfe der Bundesregierung" (NOAH) unmittelbar Betroffene, Angehörige und weitere nahestehende Personen über eine 24-Stunden-Hotline unter der Nummer 0800-1888433. Hauptaufgabe von NOAH ist es, eine akute und längerfristige psychosoziale Versorgung umzusetzen. Es unterstützt bei administrativen und rechtlichen Fragen sowie Problemen und hilft bei der Kontaktaufnahme zu anderen vom Unglück betroffenen Personen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort