De Maizière besorgt wegen "Verrohung" in Flüchtlingsdebatte

Berlin · Bundesinnenminister Thomas de Maizière hält die immer hitziger geführte Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen mit rassistischen Verbalattacken und Drohungen auch gegen Politiker für höchst bedenklich.

 Bundesinnenminister Thomas de Maiziere auf einer Pressekonferenz. Foto: Nicolas Armer

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere auf einer Pressekonferenz. Foto: Nicolas Armer

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"Das Maß und die Art der Verrohung unserer Sprache und unseres Umgangs mit- und untereinander macht mir Sorgen", sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag).

"Gerade im Internet in geschlossenen Gruppen, in denen sich die Menschen gegenseitig in ihren Ansichten bestätigen und aufstacheln, glauben die Menschen dann auch noch, sie würden die Meinung einer schweigenden Mehrheit zum Ausdruck bringen, wenn sie gegen Ausländer hetzen oder Presse und Politik verteufeln", kritisierte de Maizière. Denen könne er nur deutlich entgegenhalten: "Ich bin froh, dass dem nicht so ist, und stolz darauf, dass Deutschland ein offenes und tolerantes Land ist."

Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht die Entwicklung mit Sorge. Er war nach einem Besuch in Heidenau, wo er die Krawallmacher als "Pack" bezeichnet hatte, in sozialen Medien und per Mails unflätig beschimpft worden - - ebenso wie Kanzlerin Angela Merkel von Demonstranten bei ihrem Besuch in der sächsischen Kleinstadt.

Ihn besorgten zwei Dinge, sagte Gabriel der "Süddeutschen Zeitung": "Das eine ist die Vermutung der Neonazis wie in Heidenau, dass sie dem sogenannten gesunden Volksempfinden Ausdruck verleihen und dass sie sich dabei für nichts mehr zu schade sind - also mittlerweile auch unter Klarnamen übelste Hetzparolen verbreiten." Noch mehr Sorgen mache ihm aber, "dass in der Mitte der Gesellschaft der Anteil derjenigen wächst, die Politik, Politiker und Parteien verachten".

Der baden-württembergische Grünen-Politiker Alexander Bonde wirft der schwarz-roten Bundesregierung vor, die Probleme im Umgang mit den steigenden Flüchtlingszahlen nicht ernst zu nehmen. "Es ist ein schwieriges Signal, dass der Flüchtlingsgipfel erst für Ende September terminiert ist", sagte der Stuttgarter Verbraucherminister der Deutschen Presse-Agentur. "Offensichtlich spürt man auf Bundesebene nicht die Dringlichkeit des Themas." Bund und Länder wollen sich am 24. September bei einem Spitzentreffen in Berlin beraten.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will nach einem Bericht der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Samstag) die Hilfe für jugendliche Flüchtlinge stärken. Es sei das A und O, dass Kinder so schnell wie möglich integriert werden, in Kita und Schule gehen, sagte sie. "Dazu werden wir auch die Jugendmigrationsdienste mit zusätzlich sieben Millionen Euro ausbauen."

Der CDU-Rechtspolitiker Patrick Sensburg hält eine Verfassungsänderung für erforderlich, um den Kommunen besser bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen helfen zu können. "Wir sollten sehr schnell zu einer Grundgesetzänderung kommen, damit der Bund die Kommunen unmittelbar unterstützen kann", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Dem Bericht zufolge schließt das Bundesfinanzministerium einen solchen Schritt nicht aus: In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bund und Ländern werde derzeit auch die Frage erörtert, ob eine Grundgesetzänderung denkbar wäre, um direkte Bundeshilfen an Kommunen zu ermöglichen.

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