Bundesamt für Migration verteidigt Balkan-Aufnahmezentren

Nürnberg/Berlin · Der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, hat die in der Kritik stehenden bayerischen "Aufnahmezentren" für Asylbewerber vom Balkan verteidigt.

"Es wundert einen in der Tat: Alle machen es. Nur in Bayern diskutiert man darüber", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Nürnberg. Dabei setze der Freistaat den gemeinsamen Beschluss aller Ministerpräsidenten um. "Der lautete: Wir konzentrieren uns auf herkunftsstarke Länder mit geringer Schutzquote", betonte Schmidt.

Asylbewerber aus Ländern mit wenig oder keinerlei Chance auf ein Bleiberecht - also vor allem Menschen aus Balkan-Staaten - sollen demnach so lange in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder bleiben, bis über ihren Antrag entschieden wurde. Im Fall einer Ablehnung sollen sie von dort schneller in ihre Heimat zurückgebracht werden. "Dadurch werden wir in den Entscheidungen schneller und effektiver", sagte Schmidt. Die Antragsteller müssen dann nämlich nicht jedes Mal aus ihren Unterkünften in die Aufnahmestelle gebracht werden. Das habe nichts mit "Flüchtlingen erster und zweiter Klasse" zu tun.

Beispielsweise Hessen will Einrichtungen in Gießen, Rotenburg an der Fulda, Büdingen und Neustadt vor allem für Asylbewerber vom Balkan nutzen. In Baden-Württemberg geschieht dies in Karlsruhe, Sachsen plant ähnliches. Bayern baut ein Kaserne bei Ingolstadt als "Aufnahme- und Rückführungszentrum" aus.

"Das ist kein bayerischer Weg, sondern die Umsetzung eines Ministerpräsidentenbeschlusses und im Prinzip nichts anderes, als was wir im Februar und März mit dem Kosovo gemacht haben", sagte der BAMF-Chef. Damals waren Anträge von Menschen aus dem Kosovo in mehreren Bundesländern schneller bearbeitet worden. Unter anderem dadurch soll die Zahl der neuen Asylanträge von Kosovaren von 1500 am Tag auf 60 gesunken sein.

Nach "Welt"-Informationen haben fünf Länder im ersten Halbjahr 2015 trotz steigender Flüchtlingszahlen weniger abgelehnte Asylbewerber abgeschoben als im Vorjahreszeitraum. Das gehe aus Zahlen des Bundesinnenministeriums hervor, die der Zeitung vorliegen. Demnach gab es in Thüringen, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt in den ersten sechs Monaten weniger "Rückführungen". Den größten Anstieg verzeichnete Bayern, das im ersten Halbjahr mit 1646 Menschen schon mehr Asylbewerber abgeschoben hat als im Gesamtjahr 2014. Bundesweit wurden im ersten Halbjahr 8178 Menschen in ihre Herkunftsländer zurückgebracht.

Der frühere Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bekräftigte unterdessen seine Forderung nach Einführung einer Visumspflicht für die Balkan-Staaten. Man müsse über die Gefahr reden, die auf Deutschland infolge des Missbrauchs des Asylrechts durch Bürger dieser Staaten zukomme, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Freitag im ZDF. "Wir werden eine gesellschaftliche Destabilisierung dieses Landes erleben, wenn wir die massenhafte illegale Zuwanderung nach Deutschland nicht stoppen."

Die SPD will die Arbeitsmöglichkeiten für Menschen vom Westbalkan ausweiten und so die Zahl der Asylbewerber von dort eindämmen. Menschen aus der Region sollen demnach ein Job-Visum für Deutschland bekommen können, wenn sie einen Arbeitsvertrag vorweisen, der eine Bezahlung nach Mindestlohn beinhaltet, wie die Parteispitze mit den SPD-Ministerpräsidenten vereinbarte. In dem Papier "Eckpunkte sozialdemokratischer Flüchtlingspolitik" spricht sich die SPD zudem dafür aus, neben Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina auch die übrigen Westbalkan-Staaten als "sichere Herkunftsländer" einzustufen.

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