Bier, Zelt, Dirndl: Die Wiesn kann man lieben - oder hassen

München · Superstimmung, Riesengaudi, Bier in Strömen, bayerische Gemütlichkeit - und dann noch die flotten Madeln in ihren feschen Dirndln: Es gibt viele GRÜNDE, DIE WIESN ZU MÖGEN:

 Eng, laut - aber für viele eine Mordsgaudi: Das weltberühmze Münchener Oktoberfest. Foto: Andreas Gebert

Eng, laut - aber für viele eine Mordsgaudi: Das weltberühmze Münchener Oktoberfest. Foto: Andreas Gebert

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BIER: Das Bier im großen Liter-Maßkrug ist eigentlich der Hauptgrund, auf das Oktoberfest zu gehen. Aus aller Welt reisen junge Menschen an, viele kommen gar von der anderen Seite der Erdkugel aus Australien. Auf dem Campingplatz in München-Thalkirchen, in Biergärten und auch im berühmten Kloster Andechs trainieren sie schon vor der Eröffnung ihre Kehlen. Das goldig-blonde Wiesn-Bier wird extra für das Fest gebraut und hat zwischen 5,8 und 6,4 Prozent Alkohol, deutlich mehr als normales Bier mit etwa 5 Prozent. Eine solche Maß macht wunderbar locker. Und man kann mit den großen, massigen Krügen herrlich zünftig anstoßen, dass es nur so klirrt.

BIERZELT: Es ist riesig - Neulinge erstarren vor Ehrfrucht, wenn sie erstmals in die Weiten eines solchen Zeltes mit Tausenden Plätzen schauen. Drinnen herrscht eine Bombenstimmung. Es wird auf den Bänken getanzt, gesungen und gefeiert. Im Zusammenspiel mit dem Bier kommt man hier ganz schnell in Kontakt und fühlt sich eins mit der Welt.

DIRNDL UND LEDERHOSE: Schaut gut aus. Bei den Männern vielleicht nicht immer, aber bei den Frauen eigentlich schon. Das Dirndl betont die Figur und sieht mit der weißen Bluse festlich aus. Die Tracht vermittelt das Gefühl von Tradition und Gemütlichkeit - und von archaischer Zugehörigkeit zum Stamm der Bayern oder wenigstens zum Volk der Oktoberfestbesucher. Wer Tracht trägt - oder das, was er dafür hält - ist nicht mehr allein.

Vom Samstag an bis zum 5. Oktober werden gut sechs Millionen Besucher aus aller Welt erwartet. Viele werden hellauf begeistert sein. Andere werden danach schwören: nie wieder. Denn natürlich gibt es gute GRÜNDE, DIESES FEST NICHT ZU MÖGEN:

BIER: Das Wiesn-Bier ist teuer. Der Preis liegt zwischen 9,70 und 10,10 Euro - erstmals kostet die Maß damit in manchen Zelten über 10 Euro! Der Maßkrug ist schwer - und gefährlich: Manchmal wird er von wütenden Besuchern als Waffe missbraucht. Das goldig-blonde Wiesn-Bier ist stark. Und so ist das klare Denken schnell eingeschränkt. Manches, was man unter dem Einfluss des Getränks tut, bereut man anderntags. Es verursacht zudem oft Kopfweh und Übelkeit, die sich spontan hinter einem Bierzelt entladen kann. Im schlechteren Fall auch im Bierzelt.

BIERZELT: Es riecht nach verschüttetem Bier - und manchmal auch nach anderen unangenehmen Dingen. Die Menschen schwitzen. Es ist laut. Man kommt kaum hinein. Ist man endlich drin, findet man keinen Platz. Und hat man endlich doch einen, kann man sich nicht unterhalten. Andernfalls riskiert man tagelange Heiserkeit. Die Lieder sind immer wieder dieselben. Die Luft ist voller Krankheitskeime, denn die lieben derartige Menschenansammlungen. Regelmäßig bricht deshalb nach dem Oktoberfest über München eine Krankheitswelle herein. Ach, und rauchen darf man im Bierzelt auch nicht. Was sollte man an einem solchen Ort!?

DIRNDL UND LEDERHOSE: Das, was die meisten auf dem Oktoberfest tragen, hat mit echter Tracht nichts zu tun. Geschickte Händler verkaufen diese Kleidungsstücke made in China auf dem Weg zum Oktoberfest. Zugleich steigt mit jedem verkauften Dirndl und jeder verkauften Lederhose der Druck auf diejenigen, die noch in Zivil unterwegs sind - ein Teufelskreis, aus dem kaum ein Besucher unbeschadet herauskommt. Dabei ist weder das Dirndl noch die Lederhose ein praktisches Kleidungsstück. Das Dirndl verkaufen jene geschickten Händler so eng, dass die Trägerin fast kein Hendl mehr essen und keine Maß mehr trinken kann - was den Wiesnbesuch sehr traurig macht. Und die Lederhose kann man nicht waschen. Das ist ziemlich schlecht, besonders nach bestimmten Wiesn-Eskapaden.

Manchmal ist Liebe oder Hass eben nur eine Sache der Perspektive. Und das gilt auch für das größte Volksfest der Welt.

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