Analyse: Wettrüsten in Asien

Peking · Chinas Muskelspiele alarmieren seine Nachbarn. Zwar tat die Sprecherin des Volkskongresses, Fu Ying, die starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben um "etwa zehn Prozent" als völlig normal ab, doch verfolgen die Nachbarländer den Aufstieg der chinesischen Militärmacht mit großer Sorge.

 China liegt mit mehreren Staaten im Streit über Souveränitätsansprüche an Inseln im Süd- und im Ostchinesischen Meer. Foto: Coast Guard Administration/Archiv

China liegt mit mehreren Staaten im Streit über Souveränitätsansprüche an Inseln im Süd- und im Ostchinesischen Meer. Foto: Coast Guard Administration/Archiv

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Als Reaktion hat von Japan über die Philippinen und Vietnam bis nach Indien längst ein Wettrüsten begonnen. Auch die Supermacht USA weitet ihre militärischen Aktivitäten im Asien-Pazifik-Raum aus.

"Für ein großes Land wie China ist es nötig, dass es sich gut verteidigen kann", begründete Fu Ying einen Tag vor Beginn der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking den Anstieg, der damit im fünften Jahr in Folge zweistellig ausfallen würde. Unter "Verteidigung" versteht China denn auch, seine Territorialansprüche auf Inseln und Rohstoffvorkommen im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer notfalls auch militärisch durchzusetzen.

Japan sieht Chinas Aufrüstung als eine der größten Herausforderungen für die Sicherheitslage in der Region. Die Luftraumüberwachungszone, die China 2013 in weiten Teilen des Ostchinesischen Meeres einrichtete, wird als "gefährlich" eingestuft. Ministerpräsident Shinzo Abe bemüht sich um internationale Unterstützung für Japans Position, dass China an der Eskalationsschraube dreht. Das aggressivere Auftreten Chinas, wie es Japan sieht, dient Tokio auch als Rechtfertigung für die Stärkung seiner verteidigungspolitischen Rolle und den Zuwachs seines eigenen Militäretats auf Rekordhöhe.

Südkorea ist in der schwierigen Position, seine Beziehungen zu China und den USA richtig auszubalancieren. Das Verhältnis zu Japan hat sich etwas abgekühlt, während Südkorea näher an seinen wichtigsten Handelspartner China rückt. Doch sorgt sich Seoul, dass dessen Aufstieg eine Quelle der Instabilität sein könnte. Auch kritisieren Beobachter, dass die Kommunikation mit Peking in Sicherheitsfragen dadurch eingeschränkt sei, dass der wichtigste Bündnispartner für Südkorea die USA sind und dass China der traditionelle Verbündete Nordkoreas ist, das Ostasien mit wilden Drohungen in Atem hält.

Im Inselstreit hat China seit dem Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) im November in Peking zwar eine "Charmeoffensive" eingeleitet, wie Sebastian Heilmann, Direktor des China-Instituts Merics in Berlin, sagt. Dennoch: "Die Nachbarn müssen sich in jedem Fall weiter Sorgen machen." Die Aufrüstung Chinas ziele auf Gleichrangigkeit oder Überlegenheit gegenüber allen potenziellen Gegnern - von Japan bis zu den USA. Das gehöre zum Konzept "umfassender nationaler Stärke", sagt Heilmann.

Mit der Annäherung zwischen China und dem nur als abtrünnige Provinz betrachteten Taiwan haben die Spannungen zwar abgenommen, aber der militärische Druck auf die demokratische Insel hält an. "Regionale militärische Konflikte können jederzeit aufflammen - insbesondere dann, wenn es zu zufälligen Kollisionen in umstrittenen Seegebieten oder aber in China selbst zu einer innenpolitischen Destabilisierung kommen sollte", warnt Heilmann.

"Chinas Aufrüstung ist offensichtlich eine Bedrohung und schafft Gefahren für Nachbarländer, einschließlich Vietnam", kommentiert der vietnamesische China-Experte Duong Danh Dy, einst Generalkonsul im südchinesischen Guangzhou. "Vietnam kann keine Truppen schicken, um gegen China zu kämpfen, weil Vietnam ein kleines Land und China ein Riese ist."

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