Analyse: Islamisten wollen Mali destabilisieren

Bamako · Das Luxushotel Radisson Blu in der Hauptstadt von Mali ist sicher. So sahen es Geschäftsleute, Diplomaten und auch die Vereinten Nationen. Der Anschlag von Islamisten auf das noble Hotel in Bamako hat daher große Symbolkraft.

 Das Luxushotel Radisson Blu in der Hauptstadt von Mali galt bisher als sicher. Foto: Africable Television

Das Luxushotel Radisson Blu in der Hauptstadt von Mali galt bisher als sicher. Foto: Africable Television

Foto: DPA

Nichts ist vor uns sicher, das ist die Botschaft der Dschihadisten. Die Angreifer, die offenbar der sunnitischen Al-Kaida nahestehen, wollen die gerade begonnene Stabilisierung Malis verhindern.

Die selbst ernannten Gotteskrieger hatten es offenbar gezielt auf Nicht-Muslime abgesehen. Wer das islamische Glaubensbekenntnis rezitieren konnte, wurde freigelassen, wie ein Polizeibeamter in Bamako am Freitag sagte. Damit wiederholt sich ein Muster, das schon bei anderen Anschlägen in Afrika zutage kam, etwa in Nigeria oder Kenia: Getötet werden sollen vor allem Andersgläubige.

Unter den Geiseln im dem bei Geschäftsleuten und Diplomaten beliebten Hotel waren unter anderem Deutsche, Franzosen, Türken, Belgier, Inder und Chinesen. Malische Spezialeinheiten, unterstützt von US-Spezialkräften und französischen Truppen, stürmten das Hotel am Nachmittag. Aus Kreisen der UN-Mission in Mali (Minusma) verlautete, dass 20 Menschen getötet worden seien, darunter zwei Angreifer. Die Regierung gab zunächst keine abschließende Opferzahl bekannt.

Der Angriff im westafrikanischen Mali ereignete sich nur eine Woche nach den Anschlägen von Paris, zu denen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte. Zu dem Anschlag in Bamako bekannten sich nach Medienberichten zwei mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene Gruppen - die Terrorgruppen Al-Murabitun und Al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQIM).

Im Norden Malis sind seit Jahren islamistische Extremisten aktiv, die auch Verbindungen zur Terrorgruppe Al-Kaida haben. Der Norden des Landes, dominiert von der Sahara, ist etwa so groß wie Frankreich und kaum effektiv zu überwachen. Die Grenzen in der Wüste zu den Nachbarstaaten Algerien und Niger sind durchlässig.

Im Norden leben auch die Tuareg, die seit Jahrzehnten nach mehr Autonomie oder Unabhängigkeit streben. 2012 übernahmen die Tuareg und islamistische Gruppen die Macht in Nordmali. Erst ein militärisches Eingreifen Frankreichs im Januar 2013 ermöglichte die Rückeroberung der Gebiete. Im Juli wurde ein Friedensabkommen geschlossen, das unter anderem die Schaffung von Regionalvertretungen vorsieht. Neben einer EU-Mission gibt es in Mali auch einen UN-Blauhelmeinsatz mit mehr als 10 000 Soldaten und Polizisten.

Bei der Stabilisierung des volatilen Nordens soll nun auch die Bundeswehr helfen. Bei einem Besuch in Mali Ende Juli sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, man brauche dazu einen "langen Atem und große Ausdauer". Die CDU-Politikerin zeigte sich jedoch auch zuversichtlich. Die internationale Gemeinschaft könne hier "einen Stabilitätsanker entwickeln".

Genau das wollen die sunnitischen Fundamentalisten aus dem Norden jedoch verhindern. In den vergangenen Monaten ist die Zahl ihrer Angriffe deutlich gestiegen. Erst im August hatten radikale Islamisten ein bei UN-Mitarbeitern beliebtes Hotel nördlich von Bamako in ihre Gewalt gebracht. Nach einer 24-stündigen Geiselnahme waren 13 Menschen tot, darunter fünf UN-Mitarbeiter.

Das ACLED-Projekt der Universität Sussex, das Opferzahlen von gewaltsamen Übergriffen in Afrika zusammenstellt, geht davon aus, dass in diesem Jahr bis zum Freitag bereits mindestens 342 Menschen bei Anschlägen oder Angriffen getötet wurden. Seit Beginn der UN-Friedensmission 2013 wurden zudem bereits 56 Blauhelmsoldaten getötet, zumeist im Norden.

Mali hat 17 Millionen Einwohner, ist aber 3,5 mal so groß ist wie Deutschland. Das Land gehört einem umfassenden UN-Entwicklungsindex zufolge zu den ärmsten Ländern der Welt.

Aktuell sind in Mali mehr als 200 deutsche Soldaten als Teil der EU-Mission stationiert; das Bundestagsmandat erlaubt den Einsatz von bis zu 350 Soldaten. Im Frühjahr sollen zusätzlich mehrere Hundert Bundeswehr-Angehörige in den Norden geschickt werden. Ursprünglich sollte das noch vor Jahresende vom Kabinett gebilligt werden.

Nach den Anschlägen von Paris wurden erneut Fragen laut, was Deutschland im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus leistet. Regierungsmitglieder in Berlin wiesen dann gerne auf den künftigen Einsatz in Nordmali hin. Wie gefährlich Mali sein kann, machte der Anschlag auf das Radisson Blu erneut deutlich. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte am Freitag, es sei noch zu früh, um zu sagen, ob der Überfall in Bamako Auswirkungen auf die Planungen der Bundeswehr haben werde.

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