Analyse: Der Iran und die Hamas

Teheran (dpa) - Sobald es um die Palästinenser und besonders um Gaza geht, herrscht in dem sonst innen- und außenpolitisch zerstrittenen Iran absolute Einigkeit.

 Die "Befreiung Palästinas von zionistischer Besatzung" ist die Hauptdoktrin der iranischen Außenpolitik: Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Foto: Andreas Gebert/Archiv

Die "Befreiung Palästinas von zionistischer Besatzung" ist die Hauptdoktrin der iranischen Außenpolitik: Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Foto: Andreas Gebert/Archiv

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Ob Hardliner, Konservative oder die derzeit regierenden Reformisten, alle wollen einen Zerfall Israels und die Gründung eines souveränen palästinensischen Staates. "Das ist und bleibt die Hauptdoktrin der iranischen Außenpolitik", sagt Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.

Auch in der jüngsten Krise steht der Iran voll und ganz hinter der militant-islamischen Hamas in Gaza und gegen die "zionistischen Kriegsverbrecher". Der oberste Führer, Ajatollah Ali Chamenei, fordert militärische Hilfe für Gaza. Der moderate Präsident Hassan Ruhani ruft die islamische Welt auf, Israel gegenüber einheitlich Widerstand zu leisten. Sein Außenminister plant in der nächsten Woche sogar eine internationale Konferenz in Teheran für Hilfeleistungen an die Menschen in Gaza.

Trotz alldem will die Hamas - von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in der Westbank ganz zu schweigen - dem Iran die ersehnte Rolle eines heroischen Mitstreiters der Palästinenser nicht gewähren. "Abbas und die Fatah wollen Iran nicht, weil das Land zu anti-israelisch ist, und auch die Hamas-Leute wollen ihre guten Beziehungen zu der arabischen Welt wegen Iran nicht aufs Spiel setzen", sagte ein arabischer Diplomat in Teheran.

Mit Abbas liegt Teheran ideologisch nicht auf einer Linie, weil dieser Israel gegenüber als zu kompromissbereit gilt. "Nur die Hamas und der Iran wollen den völligen Zerfall Israels", sagt ein Politologe in Teheran. Zwar beteuern beide Seiten immer wieder, dass die Zusammenarbeit nur spiritueller und politischer Natur sei, aber dies glaubt praktisch niemand. Neben finanzieller Hilfe aus dem Iran soll über Syrien auch regelmäßig Militärmaterial an die Hamas geliefert worden sein.

In den vergangenen Jahren hat sich dies jedoch geändert. Zwischen den Sunniten bei der Hamas und den Schiiten im Iran herrscht Missstimmung. Auslöser dafür war der Krieg in Syrien.Teheran unterstützt das Regime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Die Hamas dagegen steht auf Seite der syrischen Rebellen, so wie die arabische Welt und die Türkei. "Dementsprechend hat sich die Hamas auch schnell für die sunnitischen Länder wie Saudi-Arabien, Katar sowie die Türkei und gegen Irans Schiiten entschieden", so der Politologe.

Nach Einschätzung eines arabischen Journalisten in Teheran stört es einige Hamas-Mitglieder zudem, dass der Iran im Nahost-Konflikt keinen realistischen Lösungsweg verfolgt und nur an einem Referendum aller Palästinenser über die Zukunft ihres Landes festhalte. "So ein Referendum ist eine utopische Option, die nur den Krieg rechtfertigen und jede diplomatische Lösung blockieren würde", sagt der Journalist. Nach iranischen Vorstellungen sollte es einen palästinensischen Staat geben, in dem auch Juden leben könnten.

Ob der Iran in der aktuellen Lage noch Waffen über Syrien an die Hamas liefert, halten Beobachter in Teheran wegen des Kriegs in Syrien für eher unwahrscheinlich. Blockiert ist auch der Weg über Ägypten, nachdem dort die weniger iranfreundliche Militärregierung an der Macht ist. Auch große finanzielle Hilfe kann sich Teheran wegen der im Zusammenhang mit dem Atomstreit verhängten internationalen Wirtschaftssanktionen nicht leisten.

"Irans Hauptfokus bleibt daher weiterhin die Hisbollah", sagt ein arabischer Diplomat. Die schiitischen Milizen in Südlibanon werden von Teheran sowohl finanziell als auch militärisch unterstützt. Anders als die Hamas kümmern sich die Islamisten um Hassan Nasrallah auch weder um die arabische Welt noch die Türkei. Für sie zählen nur der Iran und Syrien.

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