Siegfried Eckert Neues Buch des Bonner Pfarrers: Droht nun auch dem Protestantismus Burn-out?

BONN · Sperrfeuer droht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) normalerweise nicht aus Bonn. Und wenn, dann höchstens von der ehrwürdigen Theologischen Fakultät.

Bonner "Dorfpfarrer" Siegfried Eckert.

Bonner "Dorfpfarrer" Siegfried Eckert.

Foto: Ronald Friese

Doch diesmal kommt es ausgerechnet von einem Bonner Gemeindepfarrer, genauer gesagt von dem Friesdorfer Siegfried Eckert (50), dessen neues, 270-seitiges Buch "2017 - Reformation statt Reförmchen" die Frage stellt: Hat die Volkskrankheit Burn-out nun auch das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover erfasst und brennt auch sonst der Protestantismus inhaltlich aus? Und das ausgerechnet vor dem 500-jährigen Jubiläum der Reformation 2017?

Nun ist Siegfried Eckert nicht nur ein "Dorfpfarrer", wie er sich gern selbst bezeichnet, sondern streitbares Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland, Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonn, engagiert im evangelisch-katholischen Dialog, Buchautor und aktiver Mitarbeiter im Deutschen Evangelischen Kirchentag.

Zugleich hat er mit Jazz und Kabarett die Kultur in seiner Friesdorfer Kirche heimisch gemacht.

Beißend ist seine Kritik an dem EKD-Impulspapier "Kirche der Freiheit" aus dem Jahr 2006, das damals nicht nur für Schlagzeilen sondern auch für viel Aufregung in der evangelischen Kirche sorgte. Danach sollte die zu zwölf Leuchttürmen "konzentrierte" EKD bis 2030 "gegen den Trend wachsen".

Für Eckert nichts als ein erschreckender Einzug der Ökonomie, die immer stärker das kirchliche Denken und Handeln beeinflusste und veränderte. Mit einem beispiellosen rhetorischen Feuerwerk übt Eckert an diesem Konzept eine vernichtende Kritik.

Zugleich wirft er der EKD vor, nicht einmal wirklich zu wissen, was sie 2017 eigentlich feiern will.

Seine Sorge: Die EKD (und viele ihrer Landeskirchen) begnüge sich mit Reförmchen, statt Mut für eine neue Reformation aufzubringen. Ein Patentrezept hat freilich auch der Bonner Pfarrer nicht gegen Mitgliederschwund und absehbare finanzielle Nöte. Aber das macht sein Sperrfeuer aus, das zur rechten Zeit kommt und die Kirchenleitungen aufschrecken soll: Weniger Zentralismus, mehr Gemeinde vor Ort; mehr Bildung und mehr Diakonie; mehr theologische Kompetenz der Pfarrerinnen und Pfarrer, weniger Oberkirchenräte, weniger Vorschriften von oben und mehr Kompetenzen den Gemeinden, die als kirchliche Heimat gestärkt werden müssen.

Dafür ist aus seiner Sicht auch weiterhin genug Geld vorhanden. Wenn man nur endlich von der Ökonomisierung der Kirche Abschied nimmt.

Kurzum: Eckert fordert mit seinem neuen Buch nicht nur die EKD, sondern auch die Landeskirchen heraus: Reformation heute heißt, lasst die Kirche weiterhin im Dorf, wo sie schon immer ihre wahre Stärke hatte.

Damit fordert er die kirchliche Obrigkeit heraus. Aber als Lutheraner mit einem starken calvinistischen Einschlag hat er davor keine Angst. Ein Buch aus Bonn, das die Kirche aufrütteln wird.

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