Vitali Klitschko Kiews Bürgermeister hat klare Vorstellungen für die Ukraine

BERLIN · "Ich weiß es: Ohne Kampf keinen Sieg" - es ist eine klare und schlichte Rhetorik, die Vitali Klitschko bei seiner Rede in der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin hinter dem für ihn etwas zu klein geratenen Rednerpult hervorbringt.

 Früher Boxer, heute Politiker: Vitali Klitschko.

Früher Boxer, heute Politiker: Vitali Klitschko.

Foto: dpa

Klar, der frühere Box-Champion und heutige Berufspolitiker hatte in jüngster Vergangenheit nicht mehr viel Zeit, um deutsch zu sprechen und nimmt dies zum Anlass, sich gleich zu Beginn charmant dafür zu entschuldigen. Es ist das einzige Mal, dass er lächelt. Ansonsten ist Klitschko fokussiert und ernst. Ein großer Redner war er noch nie.

Und so schwadroniert "Dr. Eisenfaust" auch munter los. Zum Beispiel über den Bau einer Mauer mit deutschem "Know-How" an der Grenze zu Russland: 2 300 Kilometer und mit Gräben auf einer Länge von 1 500 Kilometer. Später will ein Sprecher Klitschkos den Satz zurechtrücken. Der frühere Boxer habe es nicht so gemeint. "Es liegt an seinem Deutsch."

Aber es ist Klitschko ein Anliegen, im freien Europa für seine Ziele zu werben. "Wir wollen ein modernes, demokratisches und europäisches Land werden", sagt er. "Dafür kämpfen wir." Das Wort Kampf ist zentral in Klitschkos Ausführungen. Man merkt ihm an, wie ernst es ihm ist: mit Reformen, der Bekämpfung der Korruption und an erster Stelle mit einer freien, eigenständigen Ukraine.

Und er macht auch keinen Hehl aus seinen Hoffnungen: "Wir erwarten Hilfe von allen Freunden der Ukraine", sagt er. "In unserem Land findet ein Krieg an der Schwelle zu Europa statt. Auch europäische Werte sind gefährdet. Wir müssen uns alle entscheiden: Wollen wir mit dieser Gefahr leben?", fragt Klitschko und warnt davor, dass "der lange Arm Moskaus" ganz schnell über die Ostukraine hinaus Richtung Westen reichen könne.

Bei seinem Kampf für eine nach Europa orientierte Ukraine möchte Klitschko die Menschen mitnehmen, ihnen zuhören. Sein Vorteil in der Heimat gegenüber anderen Politikern: Als erfolgreicher Profiboxer ist er Nationalheld sowohl im Osten als auch im Westen des Landes.

Zudem ist er für viele vertrauenswürdiger als andere, weil er es nicht mehr nötig hat, Ruhm oder Geld anzuhäufen. Beides besitzt er schon. Der 41-jährige promovierte Sportwissenschaftler agiert vielleicht auch deswegen stets ruhig und besonnen.

Im Ring hatte der dreimalige Familienvater eine K.o.-Quote von 87,25 Prozent. In der Politik lief es anfangs nicht ganz so reibungslos. Zweimal scheiterte er mit seiner Kandidatur als Bürgermeister von Kiew (2006 und 2008). Im Mai dieses Jahres setzte er sich aber deutlich durch.

Ende des vergangenen Jahres war er eine der politischen Hauptfiguren bei den Protesten auf dem zentralen Kiewer Platz Maidan gewesen und hatte sich für die Absetzung von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch stark gemacht. Schon seit April 2010 ist Klitschko Vorsitzender der neu gegründeten, pro-westlichen Partei Ukrainische demokratische Allianz für Reformen. Er hat viele Hüte auf. Und manchmal - so scheint es, wenn er von "Kampf" spricht - auch noch die Boxhandschuhe geschnürt.

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