RAF-Mord an Banker Alfred Herrhausen Ein Fall mit vielen Fragen

BAD HOMBURG/KARLSRUHE · Vor 25 Jahren ging das Bild eines zerstörten Mercedes durch ganz Deutschland. Der verkohlte Wagen stand auf einer Straße in Bad Homburg. Im Wrack lag die Leiche von Alfred Herrhausen. Am 30. November 1989 wurde der Deutsche-Bank-Chef Opfer eines Terroranschlags.

 Alfred Herrhausen.

Alfred Herrhausen.

Foto: dpa

Sieben Kilo Sprengstoff rissen ihn in den Tod, deponiert unweit seines Hauses auf dem Gepäckträger eines Kinderfahrrads. Wenige Tage später trafen bei mehreren Nachrichtenagenturen in Bonn und bei der Tageszeitung "Badische Neueste Nachrichten" ein Bekennerschreiben ein, in dem es hieß, die Rote Armee Fraktion (RAF) habe "mit dem Kommando Wolfgang Beer den Chef der Deutschen Bank hingerichtet".

Die unheimliche dritte RAF-Generation mordete mit technischer Präzision, die meisten Taten sind bis heute nicht aufgeklärt. Von "Perfektionisten des Terrors" schrieb "Die Zeit" 2008. Herrhausen war wohl nicht das einzige Opfer. Vom MTU-Chef Ernst Zimmermann 1985 bis zum Treuhand-Leiter Detlev Karsten Rohwedder 1991 sollen die Linksterroristen fünf Prominente aus Wirtschaft und Politik sowie fünf weitere Personen getötet haben.

Dass die RAF ausgerechnet Herrhausen als Ziel eines Anschlags auswählte, wirft bis heute Fragen auf. Denn Herrhausen war ein ungewöhnlicher Bankmanager, der Transparenz auch für das kapitalistische System forderte und für einen Schuldenerlass für die Dritte Welt eintrat. Außerdem war der 59-jährige Herrhausen zu jung, um zu der "Tätergeneration" in Nazi-Deutschland gezählt werden zu können, die den RAF-Mitgliedern verhasst war. Als Vertreter von Deutschlands größter Bank geriet er dennoch ins Visier der Terroristen. Herrhausen hinterließ Frau und zwei Töchter.

Weil Mord nicht verjährt, laufen die Ermittlungen zu dem Attentat nach Angaben der Bundesanwaltschaft auch nach einem Vierteljahrhundert weiter. "In der jüngeren Vergangenheit haben wir vor allem Beweisgegenstände mit den neuesten Möglichkeiten der Kriminaltechnik auf DNA-Spuren untersucht", sagte Sprecher Marcus Köhler der Deutschen Presse-Agentur. Die mutmaßlichen Täter stammten aus der dritten Generation der RAF.

Sie wird auf etwa 20 Personen geschätzt. Die Terroristen kündigten im Mai 1982 "einen neuen Abschnitt in der revolutionären Strategie" an. Es ging nicht mehr um Gefangenenbefreiung, sondern um Mordanschläge oder Sabotageakte, manchmal begangen zusammen mit linken Terrorgruppen in Italien oder Frankreich. Führende Köpfe der dritten RAF-Generation waren Wolfgang Grams und seine Freundin Brigitte Hogefeld.

Grams beging nach einer Schießerei mit der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern 1993 Selbstmord. Hogefeld wurde verhaftet, sie wurde 2011 als letztes inhaftiertes RAF-Mitglied entlassen. Politisch waren die Terroristen längst isoliert. 1998 zog die Gruppe aus dem Untergrund heraus selbst einen Schlussstrich. "Heute beenden wir das Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist Geschichte", schrieb sie. Reue oder Demut? Fehlanzeige.

25 Jahre später brüten die Ermittler immer wieder einmal über dem Bekennerschreiben, Tüv-Plaketten oder anderen Beweismitteln. Doch bestimmte Verdachtspersonen gebe es immer noch nicht. Aufgeben ist für Oberstaatsanwalt Köhler allerdings keine Option: "Wir werden die Ermittlungen nicht einstellen, solange es noch eine Möglichkeit gibt, die Täter zu ermitteln." Das Kapitel Dritte Generation ist noch nicht beendet. dpa/ga

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