Prostitution in NRW Land will Sexarbeiter schützen

DÜSSELDORF · Prostituierte sollen künftig besser vor Ausbeutung geschützt werden. Der "Runde Tisch Prostitution" in NRW forderte nach vierjähriger Arbeit, dass Betreiber von Bordellen und andere Anbieter von Sex-Dienstleistungen künftig eine Zuverlässigkeitsprüfung ablegen müssen.

 Für die über 25 000 Prostituierten in NRW wollen Experten bessere Schutzmaßnahmen etablieren. Online-Beratungen in Bulgarisch, Rumänisch und Englisch werden bereits gefördert.

Für die über 25 000 Prostituierten in NRW wollen Experten bessere Schutzmaßnahmen etablieren. Online-Beratungen in Bulgarisch, Rumänisch und Englisch werden bereits gefördert.

Foto: dpa

Danach dürfen Bordellbesitzer keine Vorstrafen wegen sexueller Gewalt haben und müssen Mindeststandards für Hygiene und gute Arbeitsbedingungen erfüllen. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) unterstützte eine Bundesinitiative, um auch Angebote wie "Flatrate-Partys" einzudämmen.

Im Abschlussbericht zum bundesweit ersten "Runden Tisch" mit Vertretern aus Polizei, Politik, Sozialverbänden und Bordellen stellte Steffens klar, dass sich "Prostitution nicht verbieten lässt". Sexarbeiter müssten aber unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können.

Die in einem Eckpunktepapier des Bundesfamilienministeriums geforderte Anzeigepflicht für Prostituierte lehnte Steffens aber ebenso ab wie eine Anhebung des Mindestalters auf 21 Jahre. Eine Anmeldepflicht führe gerade in kleinen Gemeinden zur weiteren Ausgrenzung der Prostituierten und einem kaum zu bewältigen Kontrollaufwand der Kommunen. Die Anhebung des Mindestalters treibe mehr junge Frauen in die Illegalität, warnte Steffens.

Sie lehnte auch eine Kondompflicht sowie eine Pflicht zu Gesundheitsuntersuchungen ("Bockschein") ab, weil dies kaum zu überwachen sei und Pflichtuntersuchungen nur eine Scheinsicherheit böten, weil zwischen Ansteckung und Ausbruch einer Krankheit oft drei Monate liegen.

Auch Experten sehen eine etwaige Kondompflicht als "rechtlich problematisch, ungeeignet, stigmatisierend und kontraproduktiv." Der beste Gesundheitsschutz sei die gezielte Beratung der Huren. Auch die von der Union geforderte Strafbarkeit von Freiern lehnte Steffens ab. Schließlich komme jeder dritte Hinweis auf Misshandlungen der Prostituierten aus dem Kreis der Freier.

Nach Angaben der Abteilungsleiterin im NRW-Gesundheitsministerium, Claudia Zimmermann-Schwartz, sollen Prostituierte selbstbestimmt arbeiten können. Immer mehr Angebote verlagerten sich heute ins Internet. Gleichzeitig hätten Städte wie Essen und Köln neue Wege eingeschlagen und einzelne Stadtviertel für die Prostitution ausgewiesen, in denen Sexarbeiterinnen beraten und bei Problemen gesundheitlich betreut werden könnten. Zimmermann-Schwartz räumte ein, dass Opfer von Menschenhandel häufig nicht bei der Polizei aussagen wollten.

Die Zahl der Prostituierten lasse sich schwer ermitteln und liege im bevölkerungsreichsten Bundesland Schätzungen zufolge zwischen 25.000 und 45.000. Deutschlandweit wird die Zahl der Prostituierten auf rund 400.000 geschätzt. Der Straßenstrich mache etwa zehn Prozent des Gewerbes in NRW aus. Zu mehr als 50 Prozent finde Prostitution in privaten Wohnungen statt.

Um die große Zahl von Frauen aus Osteuropa für die Angebote der Beratung und Vorsorge zu erreichen, fördert NRW ein App-Projekt einer Bochumer Beratungsstelle. Ein GPS-Wegweiser soll die Prostituierten via Handy zu wichtigen Anlaufstellen lotsen, auch eine Kurzberatung im Chat ist geplant - bis Jahresende in Sprachen wie Bulgarisch, Rumänisch oder Englisch.

Seit Januar 2011 hatten 70 Experten aus Wissenschaft und Praxis die Empfehlungen für die Regulierung von Prostitution erarbeitet.

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